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       # taz.de -- Kommentar Wahl in Montenegro: Weiter in Richtung Westen
       
       > Ein klares Votum für die EU und gegen Serbien und Russland: Der
       > montenegrinische Präsident Djukanovic hat erneut die Wahl gewonnen.
       
   IMG Bild: Champagner statt Krim-Sekt: Amtsinhaber Milo Djukanovic feiert symbolbewusst seine Wiederwahl
       
       Wer wie Milo Djukanovic in Montenegro seit über dreißig Jahren sein Land
       regiert, dem schlägt nicht nur Sympathie entgegen. Undemokratische
       Potentaten wie Putin und Erdoğan versuchen sich mit ähnlichen Methoden an
       der Macht zu halten – einmal als Präsident, dann Parteiführer, dann als
       Premierminister, um wiederum als Präsident zurückzukommen. In solchen
       Systemen sind Klientelsysteme und Korruption die Regel.
       
       Obwohl diese Umstände in Montenegro im Gegensatz zur Türkei und Russland
       offen diskutiert werden können und in den Wahlkämpfen eine Rolle spielen,
       ist es Djukanovic wieder einmal gelungen, mit 54 Prozent der Stimmen die
       Mehrheit zu erlangen.
       
       Die Wähler haben nicht nur für den Sozialisten gestimmt, sie standen vor
       der Entscheidung, dem Land eine Richtung zu geben. Soll es den jetzt
       eingeschlagenen Weg der Westbindung weitergehen – seit Juni letzten Jahres
       ist Montenegro Mitglied der Nato und möchte bald EU-Mitglied werden – oder
       soll es, wie die stärkste Oppositionspartei es will, sich an Serbien und
       Russland binden? Das Votum fiel eindeutig aus.
       
       Der fehlgeschlagene Putschversuch radikaler Serben unter Leitung von
       Mitgliedern des russischen Geheimdienstes im Oktober 2016 mit dem Ziel,
       Djukanovic zu töten, war schon eine Vorentscheidung. Die Mehrheit der
       Montenegriner hat sich jetzt erneut für den Westen entschieden.
       
       Djukanovic kommt das Verdienst zu, das kleine Land mit seinen knapp 700.000
       Einwohnern aus dem Verbund mit Serbien gelöst und vor den Fehlern der
       serbischen Politik bewahrt zu haben. Montenegro ist der einzige Staat des
       Westbalkan, in dem keine ethnischen Säuberungen stattgefunden haben. Ihm
       ist es so gelungen, die Minderheiten der Albaner, Bosniaken, Katholiken und
       Muslime an sich zu binden.
       
       Doch er würde erst dann zu einer großen Gestalt der Geschichte seines
       Landes werden, wenn er mit dem Beitritt in die EU den Weg für eine
       wirkliche Demokratisierung der Gesellschaft zuließe – vor allem in Bezug
       auf die Unabhängigkeit der Justiz. Dies fordert die dritte, wenngleich
       zahlenmäßig kleine Kraft, die aus den Djukanovic-kritisch eingestellten
       Parteien und der Zivilgesellschaft besteht. Sie will einen westlichen Staat
       ohne Wenn und Aber in Montenegro bauen.
       
       16 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
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