URI: 
       # taz.de -- SV Wilhelmshaven im Dauer-Rechtsstreit: Nach dem Urteil ist vor dem Urteil
       
       > Der SV Wilhemshaven hat wieder einen Prozess verloren: Das Landgericht
       > Bremen urteilte, dass der Fußballverein sich nicht in die Regionalliga
       > einklagen darf.
       
   IMG Bild: Ins Schwimmen geraten: Der SVW hat sich vom Zwangsabstieg 2014 nicht wieder erholt
       
       BREMEN taz | Nach elf Jahren gerichtlicher Auseinandersetzungen steht es
       jetzt 2:3 gegen den SV Wilhelmshaven. Zweimal hat der Verein gewonnen,
       dreimal verloren. Am Mittwoch setzte es erneut eine Niederlage gegen den
       norddeutschen Fußballverband (NFV): Wilhelmshaven darf nicht per
       richterlicher Anordnung in die vierte Liga aufsteigen.
       
       Das urteilte das Landgericht Bremen am Mittwochmittag. Der Zwangsabstieg
       des ehemaligen Regionalligisten im Jahr 2014 war zwar unrechtmäßig, aber
       das geschehene Unrecht könne man nicht einfach durch einen Aufstieg wieder
       gerade biegen. Doch genau auf diese Art des Schadenersatzes hatte der
       Verein geklagt.
       
       Obwohl der Bundesgerichtshof unlängst bestätigt hat, dass der SVW zu
       Unrecht abgestiegen ist, kann der Klub nach Ansicht des Landgerichts nicht
       einfach aus der siebten in die vierte Liga umgepflanzt werden. Eine
       sogenannte Naturalrestitution sei zwar der Regelfall für Schadenersatz in
       zivilrechtlichen Verfahren – jedoch nicht auf den Fußball übertragbar und
       somit in diesem Fall unmöglich. Die Klage auf einen Wiederaufstieg war
       formal zulässig, aber unbegründet, so Richter Ingo Behrens.
       
       Der elfjährige Rechtsstreit zwischen dem SV Wilhelmshaven und dem
       Norddeutschen Fußballverband geht auf ein Ereignis in der Saison 2006/07
       zurück. Der SVW, damals noch Regionalligist, hatte den
       italienisch-argentinischen Fußballspieler Sergio Sagarzazu verpflichtet.
       Dessen argentinische Heimatvereine forderten gemäß Fifa-Regularien eine
       Ausbildungsentschädigung in Höhe von 157.000 Euro aus Wilhelmshaven. Eine
       Regelung, die kleine Vereine entlohnen soll, wenn sie Talente ausgebildet
       haben, die dann bei großen Klubs Karriere machen.
       
       Nun ist der SV Wilhelmshaven aber nicht gerade ein großer Klub und die
       geforderte Summe für einen Regionalligisten existentiell. Also weigerte
       sich der Verein zu zahlen und zog vor Gericht.
       
       2014 folgte auf Druck der Fifa der Zwangsabstieg. Vor dem Landgericht
       Bremen und dem internationalen Sportgerichtshof Cas scheiterte der
       ehemalige Viertligist zwar mit Rechtsmitteln gegen den damaligen
       NFV-Beschluss. Aber vor dem Oberlandesgericht und dem [1][Bundesgerichtshof
       bekam er schließlich letztinstanzlich Recht]. Die Regularien des lokalen
       Fußballverbands NFV seien zu schwammig für den verhängten Zwangsabstieg –
       Fifa-Recht habe demnach keine Geltung, urteilten die Richter 2016,
       Wilhelmshaven ist zu Unrecht abgestiegen.
       
       Das Urteil kam leider reichlich zu spät, denn inzwischen war der Verein
       nach Druck von der Fifa bereits aus der Liga geworfen worden. Der
       Weltverband hatte damals, gewohnt großspurig, sogar dem Deutschen
       Fußballbund (DFB) mit einem Ausschluss aus der WM-Qualifikation gedroht,
       woraufhin der DFB nachgab und Wilhelmshaven absteigen musste – zum Ende des
       Saison 2013/14. Es war ein Fall ins Bodenlose: Inzwischen dümpelt der
       Verein im unteren Tabellendrittel der siebten Liga herum und hat gerade in
       der Bezirksliga Weser-Ems II gegen den Vfl Stenum verloren – immerhin der
       Klassenerhalt scheint derzeit gesichert.
       
       Inzwischen ging es vor Gericht um die Frage, ob und welche Entschädigung
       Wilhelmshaven eigentlich zusteht. Der Zwangsabstieg wurde mitten in der
       Saison 2013/14 verhängt, als Wilhelmshaven auf einem Nicht-Abstiegsplatz
       stand. Der SVW musste die Saison trotz Rausschmiss zu Ende spielen und
       stieg letztlich auch sportlich ab. Der verhängte Zwangsabstieg sei eine
       klare Wettbewerbsverzerrung gewesen, argumentieren die Wilhelmshavener nun
       vor Gericht, die Spieler hätten nach Bekanntgabe nicht mehr das Maximum
       herausgeholt. Der Klub müsse sich daher wieder in die Regionalliga
       einklagen können. Der NFV hielt dagegen: Ach was, der Klub sei ja ohnehin
       sportlich abgestiegen.
       
       ## Eine Frage der Beweislast
       
       Richter Behrens gab dem NFV Recht: Die Beweislast liege beim Kläger. Der SV
       Wilhelmshaven hätte belegen müssen, dass er ohne drohenden Zwangsabstieg
       die Klasse gehalten hätte. Und weil das aufgrund der Komplexität einer
       Fußballsaison unmöglich sei, könne man sich nicht in die Regionalliga
       einklagen.
       
       Nach dem Urteil vom Mittwoch schloss der SVW eine außergerichtliche
       Einigung erneut aus – wie er es bereits bei der mündlichen Verhandlung im
       Dezember verkündet hatte (taz berichtete).
       
       Der NFV hingegen zeigte sich weiterhin aufgeschlossen hinsichtlich einer
       Einigung: Man sei bereit, eine finanzielle Entschädigung in niedriger
       sechsstelliger Höhe zu zahlen, so NFV-Präsident Eugen Gehlenborg.
       Allerdings habe der SVW in außergerichtlichen Verhandlungen weiterhin auf
       einen Betrag in Millionenhöhe beharrt. Nach dem letzten Urteil fühlt sich
       der NFV bestätigt, sagte aber dennoch: „Wir wollen weiterhin dem Verein
       helfen, auf die Beine zu kommen.“ Die Tür stehe für Gespräche immer offen,
       so Gehlenborg.
       
       ## Der Kampf geht weiter
       
       „Fakt ist, dass der NFV dem Verein böse mitgespielt hat“, sagte Harald
       Naraschweski, Wilhelmshavens Anwalt, nach dem Urteil. Der NFV habe ein
       Desaster angerichtet und „will sich nun mit einer Summe aus der Affäre
       ziehen, die nicht annähernd den entstandenen Schaden deckt.“ Und natürlich
       sei es möglich mit genügend Geld und einem Vorlauf von einem halben Jahr
       wieder in der vierten Liga anzutreten, so Naraschewski. Das hatte er
       bereits bei einem [2][mündlichen Gütetermin im vergangenen Dezember] klar
       gesagt: „In einem Rechtsstreit will ich nur eine Instanz gewinnen: nämlich
       die letzte.“
       
       Entsprechend will sich der SVW weiter durch die Instanzen klagen und
       kündigte an, in Berufung zu gehen. Der Kampf von Wilhelmshaven gegen Fifa,
       DFB und den norddeutschen Fußballverband geht weiter. Nächste Instanz ist
       dann erneut das Oberlandesgericht Bremen.
       
       Aber eines hat die Klagefreudigkeit des SVW auf dem Weg durch die Instanzen
       schon gezeigt: Es ist nicht aussichtslos, sich mit der Fifa und den
       Verbänden anzulegen. Und so hofft der SV Wilhelmshaven auf das 3:3 vor dem
       Oberlandesgericht und, da stimmt die Einschätzung von Anwalt Naraschewski,
       vor Gericht gelten die gleichen Regeln wie auf dem Bolzer um die Ecke: Das
       letzte Tor entscheidet.
       
       26 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=75988&linked=pm
   DIR [2] /Der-SV-Wilhelmshaven-will-zurueck/!5469801
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
   DIR SV Wilhelmshaven
   DIR Fußball
   DIR Deutscher Fußballbund (DFB)
   DIR Fifa
   DIR SV Wilhelmshaven
   DIR SV Wilhelmshaven
   DIR SV Wilhelmshaven
   DIR Deutscher Fußballbund (DFB)
   DIR Wilhelmshaven
   DIR Fifa
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR SV Wilhelmshaven holt Ex-Nationalspieler: Odofix bei den Galliern
       
       Der SV Wilhelmshaven gilt als gallisches Dorf der Fußballwelt. Nun bekommt
       der Bezirksligist Verstärkung von Ex-Nationalspieler David Odonkor.
       
   DIR Der SV Wilhelmshaven will zurück: Der Kampf geht weiter
       
       Der kleine SV Wilhelmshaven gibt im Streit um seinen Zwangsabstieg nicht
       auf. Das Bremer Landgericht machte aber keine Hoffnungen auf Rückkehr in
       die Regionalliga.
       
   DIR Kommentar SV Wilhelmshaven: Dann kam auch noch Pech dazu
       
       Jetzt wird der SV Wilhelmshaven doppelt bestraft. Denn er bekommt Recht,
       aber dennoch keine Hilfe.
       
   DIR Kolumne Pressschlag: Willkommen im Mittelalter
       
       Der DFB straft den abtrünnigen SV Wilhelmshaven ab, weil dieser sich um
       weltlichen Beistand bemühte. Es geht nämlich um die Macht.
       
   DIR Kampf gegen Zwangsabstieg: Fußball-David vor Erfolg
       
       Beim BGH zeichnet sich ein Erfolg des SV Wilhelmshaven gegen den
       Fußball-Weltverband Fifa ab: Der hatte den Zwangsabstieg der
       Wilhelmshavener durchgesetzt.
       
   DIR SV Wilhelmshaven gegen Fifa: „Wir wollen keinen Krieg“
       
       Der Fußballweltverband Fifa könnte ein ernstes Problem bekommen. Und das,
       weil Regionalligist SV Wilhelmshaven gegen seinen Zwangsabstieg klagt.