# taz.de -- Ausweisung nach Uganda und Ruanda: Geflüchtete bleiben in Israel – vorerst
> Die Regierung gibt die Zwangsverschickung von Afrikanern vorerst auf.
> Aber die Einwanderungsdebatte spaltet weiterhin die Bevölkerung.
IMG Bild: Die Zukunft bleibt ungewiss für sie: afrikanische Geflüchtete in Israel
JERUSALEM taz | Für die Geflüchteten in Israel gibt es eine gute und eine
schlechte Nachricht. Die gute: Vorerst muss keiner die Zwangsverschickung
nach Uganda oder Ruanda fürchten. Die schlechte: Das Haftlager Holot, das
der letzte Häftling erst vor wenigen Wochen verlassen durfte, soll erneut
geöffnet werden. Israels Regierung musste dem obersten Gerichtshof
nachgeben, der entschied, dass eine Ausweisung der Menschen nur dann
möglich sei, wenn eine geregelte Aufnahme in einem Drittland garantiert
ist. Entsprechende Abkommen mit Uganda und Ruanda waren indes schon vor
Monaten geplatzt.
Rund 40.000 zumeist aus dem Sudan und Eritrea Geflüchtete leben heute in
Israel. Für einen Staat, der in kürzester Zeit eine Millionen russische
Immigranten aufgenommen hat, ist das eine verschwindend geringe Zahl.
Nichtsdestotrotz wollen die national-religiösen und die ultraorthodoxen
Koalitionspartner von Regierungschef Benjamin Netanjahu einem unbefristeten
Aufenthalt unter keinen Umständen zustimmen, da sie „den jüdischen
Charakter Israels“ gefährdeten.
Seit Monaten verfolgt Netanjahu, der hartnäckig von „Arbeits-Infiltranten“
spricht, einen für die Betroffenen zermürbenden Zickzackkurs. Hieß es
zunächst, dass die Hilfesuchenden zwischen „freiwilliger“ Ausreise oder
Gefängnis wählen sollten, verkündete Netanjahu Anfang des Monats
überraschend, Israel sei mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zu der
Einigung gekommen, dass innerhalb von fünf Jahren „16.250 von westlichen
Staaten, wie Kanada und Deutschland“ aufgenommen werden und die gleiche
Anzahl von Geflüchteten eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Israel
erhalten sollen. Auch [1][daraus wurde nichts]. Netanjahu kündigte auf
Druck seiner Koalitionspartner das UN-Abkommen noch am selben Tag auf, um
den ursprünglichen Plan der beschleunigten Ausweisung zu reaktivieren.
Das umstrittene Prozedere zielte zunächst auf alleinstehende Männer, die
mit einer Prämie in Höhe von 3.500 US-Dollar gelockt werden sollen und mit
einem One-Way-Ticket in die Ungewissheit. Problematisch für den Plan war,
dass Ruanda und Uganda die Freiwilligkeit der Flüchtlinge voraussetzten.
Diese Lücke machten sich mehrere Menschenrechtsorganisationen zunutze, um
vor den obersten Gerichtshof zu ziehen. Im Ergebnis musste die Regierung
von ihrem Plan der beschleunigten Ausweisung ablassen und die letzten 200
Häftlinge aus dem Flüchtlingsgefängnis Saharonim auf freien Fuß setzen. Das
Haftlager Holot war bereits im März geschlossen worden.
Noch bis zum letzten Sonntag rang eine israelische Sonderdelegation um die
Zustimmung der Regierungen in Kigali und Kampala – ohne Erfolg.
Regierungschef Netanjahu und Innenminister Arie Deri, Chef der orthodoxen
Partei Schass, kündigten nun an, das Haftlager Holot zu reaktivieren, das
Platz für 3.000 bis 4.000 Männer hat, sowie eine Gesetzreform
voranzutreiben, mit der die Regierung den obersten Gerichtshof umgehen
könnte.
Die Debatte spaltet die Bevölkerung. Während vor allem der
national-religiöse Sektor keinerlei Mitgefühl für die Geflüchteten zeigt,
besteht im weltlich-liberalen Lager große Solidarität. Rund 25.000
Demonstranten forderten die Regierung bei einer Demo in Tel Aviv zur
Aufnahme der Geflüchteten auf.
25 Apr 2018
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## AUTOREN
DIR Susanne Knaul
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