URI: 
       # taz.de -- Bundesrat diskutiert Paragraf 219a: Abschaffungsstimmung verpufft
       
       > Die Union sperrt sich gegen die Abschaffung, die SPD stellt ein
       > Ultimatum. Auf Bestreben des Landes Berlin debattiert der Bundesrat das
       > Thema erneut.
       
   IMG Bild: Gesundheitsminister Jens Spahn und Familienministerin Franziska Giffey wollen beim Paragraf 219a völlig verschiedene Dinge
       
       Berlin taz | Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) ist die Ungeduld
       bisweilen anzuhören: Es sei weiterhin falsch, die Informationsfreiheit von
       Frauen zu beschränken, und genauso falsch sei es immer noch, Ärztinnen und
       Ärzte zu kriminalisieren, weil sie sachliche und seriöse Informationen über
       Schwangerschaftsabbrüche anbieten.
       
       Seit nunmehr Monaten, will Behrendt damit sagen, diskutiere die Politik
       über die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB, der Werbung für
       Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt, jedoch auch die reine
       Information von Ärzt*innen, dass sie Abtreibungen machen, einschließt.
       
       Bereits Mitte Dezember hatten die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen,
       Thüringen und Hamburg einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der
       die Streichung des Paragrafen vorsieht. Wenngleich die Beratung in den
       Ausschüssen noch nicht abgeschlossen ist, hat die Länderkammer auf
       Bestreben des Landes Berlin am Freitag erneut darüber debattiert.
       
       Denn im Laufe der Debatte habe sich etwas verändert, mahnt Behrendt.
       „Anfang des Jahres hatten wir noch Grund zu glauben, die Abschaffung werde
       ein Selbstläufer, weil man die Rückendeckung aus dem Deutschen Bundestag
       hatte.“ Nun aber sei diese verpufft. So hatte die SPD aus Rücksicht auf die
       Union einen Gesetzentwurf zur Streichung des § 219a nicht, [1][wie
       ursprünglich geplant], in den Bundestag eingebracht. Stattdessen wurde
       Justizministerin Katarina Barley (SPD) mit der Ausarbeitung eines
       Kompromisses beauftragt.
       
       ## Eine schier unlösbare Aufgabe
       
       Dass der SPD-Parteivorstand am vergangenen Sonntag nun einen Beschluss
       verabschiedete, der vorsieht, dass notfalls auch ein Gruppenantrag mit den
       „reformwilligen“ Fraktionen im Parlament angestrebt wird, sollte bis Herbst
       keine Einigung zustande kommen, ist bemerkenswert. Denn er kann so
       interpretiert werden, dass Barley sich mit einer schier unlösbaren Aufgabe
       konfrontiert sieht.
       
       Auch bei einem Treffen nach der regulären Kabinettssitzung am Mittwoch
       konnten die vier zuständigen Minister*innen, Barley, Familienministerin
       Franziska Giffey (SPD) sowie Gesundheitsminister Jens Spahn und
       Kanzleramtsminister Helge Braun (beide CDU) ihre Differenzen nicht
       ausräumen.
       
       Immerfort betonen Unionspolitiker*innen, eine Streichung sei mit ihnen
       nicht zu machen. So erklärte auch der CSU-Landtagsabgeordnete Winfried
       Bausback im Bundesrat, der § 219a flankiere das in den Paragrafen 218ff.
       festgeschriebene Beratungsmodell, nach dem ungewollt Schwangere sich vor
       einem Abbruch einer Pflichtberatung unterziehen und dann drei Tage
       Bedenkzeit verstreichen lassen müssen.
       
       Isoliert betrachtet werden könne der § 219a nicht, abgeschafft werden in
       der Konsequenz ebenso wenig. „Wer die Aufhebung fordert, legt die Axt an
       einen gesellschaftlich mühevoll errungenen Kompromiss“, so Bausback.
       
       ## Blockade im Rechtsausschuss
       
       Erst in der vergangenen Woche untermauerten auch Unionsfraktionschef Volker
       Kauder und die Vorsitzende der Frauenunion, Annette Widmann-Mauz, ihre
       Absicht, den Paragrafen gänzlich unberührt zu lassen. Indes bekräftigen
       Politiker*innen der SPD, der § 219a könne keinesfalls bleiben, wie er ist.
       
       Angela Merkel habe ihnen eine Lösung versprochen. Im Gegenzug verhinderte
       die SPD im Rechtsausschuss sogar eine von FDP, Grünen und Linkspartei
       angestrebte Anhörung zum § 219a. In dieser Woche boten die
       sozialdemokratischen Abgeordneten nun aber eine Anhörung für Juni an.
       
       Thüringens Sozialministerin Heike Werner (Linkspartei) stellte sich im
       Bundesrat an die Seite eines „breiten Bündnisses“ aus Politik und
       Gesellschaft, das sich am Montag mit einem Brief an die Bundesregierung
       gewandt hatte: „Es ist an der Zeit, diesen Paragrafen zu streichen.“
       
       27 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Diskussion-ueber-Paragraf-219a/!5497138
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Voß
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Abtreibung
   DIR Bundesrat
   DIR Katarina Barley
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
   DIR Schwerpunkt Paragraf 219a
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ärztekammer-Chef zum Paragraf 219a: Kritik an Montgomerys Vorschlag
       
       Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery schlägt einen Kompromiss zum
       Abtreibungsgesetz vor – SPD, Grünen und Linken geht das nicht weit genug.
       
   DIR Juristischer Umgang mit Abtreibung: Rechtsprechung mit Schimmelansatz
       
       Die Urteile zu Paragraf 219a basieren auf dem Strafrechtskommentar eines
       „Lebensschützers“ und eines umstrittenen Ex-BGH-Richters.
       
   DIR Umgang mit Paragraf 219a: Selbstbestimmung ist Ländersache
       
       Die Hamburger Gesundheitsbehörde veröffentlicht Adressen von ÄrztInnen, die
       Abtreibungen durchführen. Andere Länder halten diese Informationen bislang
       zurück.
       
   DIR Landesärztekammern zu Paragraf 219a: Drei weitere für die Gesetzesreform
       
       In der Diskussion um den Abtreibungsparagrafen 219a fordern weitere
       Ärztekammern eine Reform. Inzwischen sind sieben gegen das Werbeverbot.
       
   DIR Angezeigte Ärzt*innen über Paragraf 219a: „Wir halten dagegen“
       
       Am Freitag debattiert der Bundesrat über Paragraf 219a, der „Werbung“ für
       Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Drei Protokolle von Ärzt*innen, die
       angezeigt wurden.
       
   DIR Abtreibungsstreit um Paragraf 219a: SPD und Verbände machen Druck
       
       Die Gegner des Werbeverbots für Abtreibungen werden ungeduldig. Die SPD
       will eine Lösung bis Herbst. Verbände schicken Offenen Brief an die
       Bundesregierung.
       
   DIR Diskussion über Paragraf 219a: SPD-Spitze speist Basis ab
       
       Die Antragskommission versucht vor dem Parteitag Anträge gegen den
       Paragrafen zu entschärfen. Die Antragssteller*innen ärgert das.