# taz.de -- Petition der Woche: Eine Stadt kämpft mit den Fliegen
> Das hessische Gründau leidet unter einer Fliegenplage. Ein Bürger startet
> verärgert eine Online-Petition – und findet massenhaft Unterstützer.
IMG Bild: Eine einzelne Fliege: In Gründau gibt es sie massenhaft
„Ich bin bei den Nachbarn zum Grillen. Das hat man draußen schon kaum
ausgehalten“, beginnt Klaus Böhm [1][ein Video], das er vor einer Woche bei
YouTube hochgeladen hat. Und dann geht er mit der Kamera einmal durch
Nachbars Küche. Zu sehen sind Fliegen. Sehr viele Fliegen. Weit über
hundert von ihnen. Sie hängen an Klebestreifen oder liegen erschlagen auf
dem Fliesenboden, ein paar schwirren unbeirrt herum.
Das Video trägt den Titel „Fliegenplage in Gründau“. In der Gemeinde nahe
Hanau sind seit Anfang April Massen der Tiere unterwegs, vor allem im
Stadtteil Lieblos, in dem auch Klaus Böhm seit 13 Jahren wohnt. „Man kann
nicht draußen sitzen“, sagt der 50-Jährige, „die Fliegen fressen einen
auf.“ Das sei jetzt schon seit ein paar Jahren der Fall, aber so früh im
Jahr noch nie.
Er wollte sich bei der Gemeinde beschweren, rief dort an, aber niemand
fühlte sich zuständig. Am 17. April setzte der Ingenieur eines
Automobilzulieferers in seiner Frühstückspause deshalb eine
[2][Online-Petition gegen die Fliegenplage] auf. „Die Gründe müssen
untersucht und die Ursache umgehend abgestellt werden“, fordert er darin.
Am selben Abend waren bei openPetition schon 500 Unterschriften
zusammengekommen. Mittlerweile sind es mehr als 800, dazu gibt es über 250
Kommentare. Wie sich die Petition so schnell verbreitet hat, weiß Böhm
nicht, aber das zeige den Druck, den die BürgerInnen haben. Wenn die
Fliegen in Restaurants auf dem Essen sitzen, könne das schließlich auch
einen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten, von gesundheitlichen Gefahren
ganz zu schweigen.
Nachricht vom Bürgermeister
Fast alle Unterstützer stammen aus Gründau selbst, wo schon 370 Stimmen
reichen, um das Thema auf die Tagesordnung in der Gemeindevertretung zu
setzen. Zwei Tage nach Petitionsstart bat der parteilose Bürgermeister
Gerald Helfrich um einen Anruf.
„Wir haben das Problem längst erfasst“, sagt er, „Das nervt uns ja alle.“
In den letzten Tagen war er mehrmals bei einer Kompostierungsanlage am
Ortsrand von Gründau-Lieblos.
Die gehört dem Main-Kinzig-Kreis und wird seit dem Betriebsstart vor 20
Jahren vom Unternehmen Veolia betrieben. Dass die Fliegenplage dort ihren
Ursprung hat, denken eigentlich alle. „Es brummt schon in 50 Metern
Entfernung wie bei einem Rasierapparat“, sagt Klaus Böhm.
VertreterInnen des Main-Kinzig-Kreises und seines Eigenbetriebs
Abfallwirtschaft bestreiten einen klaren Zusammenhang. In der Vergangenheit
habe sich nichts an Material und Verfahren geändert. Außerdem sei unklar,
ob es die Fliegen selbst mithilfe von Winden in den Ort schaffen würden.
Ein Experte soll nun eingefangene Tiere von dort mit denen aus der Anlage
vergleichen. Aktionismus sei jedenfalls unangebracht.
Schadenbegrenzung per Fliegensack
Der Gemeindeverwaltung seien wegen der Eigentumsverhältnisse rund um die
Kompostierungsanlage die Hände gebundenen. Mit dem Gesundheitsamt sei man
in Kontakt. „Da muss man fair bleiben“, sagt Böhm, „aber die Gemeinde hat
eine Verpflichtung gegenüber ihren Bürgern.“ Von den Fliegensäcken, die in
Lieblos ausgegeben werden, hält er eher nichts. Die Falle hätte er schon
getestet. Ergebnis: schnell voll und stinkend.
Die Frist bis zum Ende der Petition läuft noch 50 Tage. Böhm möchte sie
aber bald abgeben. „Die Fliegenplage muss aufhören und das setze ich
durch“, sagt er, „Da bin ich sicher.“
29 Apr 2018
## LINKS
DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=f-Jav9HjqzM
DIR [2] http://www.openpetition.de/petition/online/fliegenplage-in-gruendau
## AUTOREN
DIR Jonas Mayer
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