# taz.de -- Korallensterben im Great Barrier Reef: Schlimmer als bisher bekannt
> Ein Korallensterben vor der Küste Australiens hat das größte Riff der
> Welt für immer verändert. Das sagen Wissenschaftler in einer neuen
> Studie.
IMG Bild: Droht zu verschwinden: Die bunte Unterwasserwelt des Greet Barrier Reef
Sydney taz | Um das Great Barrier Reef in Australien steht es noch
schlechter als bisher befürchtet. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler
des australischen Instituts für Korallenforschung. Forscher der
James-Cook-Universität im Bundesstaat Queensland sprechen von einem
„katastrophalen Absterben“, das einer durch Klimaerwärmung ausgelösten
Hitzewelle im Jahr 2016 gefolgt sei. Die Zeit sei gekommen, „um das mit dem
Kollaps der Riff-Ökosysteme verbundene Risiko zu berechnen“, so die
Experten.
Durch das Absterben sei die „ökologische Funktion“ von fast einem Drittel
der 3.863 Riffe, aus denen sich das Barrier Reef zusammensetzt,
„transformiert worden“. Die Forscher seien „überrascht“ gewesen vom
Ergebnis ihrer Studie, so der vorsitzende Wissenschaftler Terry Hughes. „30
Prozent der Korallen sind 2016 abgestorben, und weitere 20 Prozent im Jahr
2017.“
Mit einer Länge von etwa 2.300 Kilometern und einer Fläche von 345.000
Quadratkilometern ist das Great Barrier Reef das mit Abstand größte
Korallenriff der Welt. Das Naturwunder ist ein entscheidender
Devisenbringer für Australien: Es wird jährlich von mehreren Millionen
Menschen aus aller Welt besucht. Rund 70.000 Arbeitsplätze hängen direkt
und indirekt von Rifftourismus ab.
Wissenschaftler warnen seit Jahren, eine Kombination von Faktoren würde
langfristig das Überleben des Barrier Reefs gefährden. Die durch
Klimawandel verursachte Erhöhung der globalen Meerestemperaturen sei der
Hauptgrund, weshalb es in den letzten Jahren zu großflächigen
Ausbleichungen von Korallenfeldern gekommen war. Korallen reagieren höchst
empfindlich auf Temperaturschwankungen. Halten höhere Wassertemperaturen
länger an oder wiederholen sich über mehrere Jahre, können sich die
Korallen nicht vom Schock erholen und sterben ab.
Hughes und sein Team von Wissenschaftlern stellten fest, dass einige
Korallenarten sofort sterben, andere dagegen auch bei höheren Temperaturen
einige Zeit überleben. Dadurch habe sich die normalerweise ökologisch
vielfältige Zusammensetzung der einzelnen Riffe verändert. Vor allem ältere
Korallenkolonien seien nun „degradiert“, so der Meeresbiologe. Der
Wissenschaftler kommt zu dem Schluss, ein vollständiges Erholen solcher
Riffe sei „unwahrscheinlich“, da „viele überlebende Korallenkolonien weiter
langsam absterben. Und ein Ersatz durch schnellwachsende Korallen würde
mindestens ein Jahrzehnt dauern“.
Trotz der Prognosen ist Hughes nicht nur pessimistisch. „Das Glas ist halb
voll“, meinte er am Donnerstag. „Es gibt immer noch etwa eine Milliarde
lebender Korallen.“ Der Forscher appellierte an die Weltgemeinschaft, sie
müsse sofort alle Anstrengungen unternehmen, um den Anstieg der
Durchschnittstemperaturen auf 1,5 bis 2 Grad Celsius gegenüber dem
vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.
Vom Menschen verursachter Klimawandel sei ohne Zweifel der Hauptgrund für
die Entwicklung. Wissenschaftler machen in erster Linie die Verbrennung
fossiler Treibstoffe für die Erhöhung der globalen Temperaturen
verantwortlich.
Australien, einer der größten Exporteure des „Klimakillers“ Kohle, müsse
den Rohstoff „im Boden lassen“, fordert Hughes. Falls es der Welt gelinge,
den Temperaturanstieg aufzuhalten, „haben wir immer noch ein Barrier Reef,
wenn auch ein deutlich verändertes System, mit einer anderen Mischung von
Korallenarten“. Falls das Ziel der Temperaturbegrenzung nicht erreicht
werde, „wird der Klimawandel die Korallenriffe bis Mitte des Jahrhunderts
abgetötet haben“.
19 Apr 2018
## AUTOREN
DIR Urs Wälterlin
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