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       # taz.de -- Indische Feministin zu Vergewaltigungen: „Die Hälfte der Bürger ist nicht sicher “
       
       > Die indische Feministin Nishtha Gautam fordert, das Thema Vergewaltigung
       > endlich zu politisieren – weil es dabei vor allem um Macht gehe.
       
   IMG Bild: Vergewaltigung ist kein feministisches Thema, es geht um die Sicherheit der Hälfte der Bevölkerung
       
       taz: Frau Gautam, 2012 löste der sogenannte Nirbhaya-Fall in Indien
       Massenproteste aus. Damals wurde eine junge Frau von mehreren Männern in
       einem Bus vergewaltigt und getötet. [1][Jetzt hat es wieder drei furchtbare
       Vergewaltigungen gegeben]. Hat sich gar nichts geändert? 
       
       Nishtha Gautam: Damals wurden vier der Täter zum Tode verurteilt, es wurden
       schärfere Strafen beschlossen und sechs Schnellgerichte geschaffen, die
       sich um Vergewaltigungen kümmern sollen. Aber es ist ja bekannt, dass
       schärfe Strafen nicht abschreckend wirken. Insgesamt wurde die Chance
       vertan, etwas Grundsätzliches zu ändern.
       
       Was ist falsch gelaufen? 
       
       Das Problem ist, dass jedes Mal, wenn ein furchtbares Verbrechen passiert,
       gesagt wird: Man soll das Thema nicht politisieren. Aber diese Art von
       Protest bringt nichts, er sorgt nur dafür, dass die Protestierenden sich
       besser fühlen. Oskar Wilde hat einmal gesagt: Bei allem in der Welt geht es
       um Sex, außer beim Sex, da geht es um Macht. Weil es um Macht geht, muss
       das Thema politisiert werden.
       
       Aber es wird doch politisiert. Oppositionsführer Rahul Gandhi hat gerade
       einen Nachtprotest gegen Mord und Vergewaltigung des Mädchens in Jammu
       angeführt … 
       
       Das ist nicht die Politisierung, die ich meine. Gandhi ist unglaubwürdig,
       weil er im Nirbhaya-Fall nichts gesagt hat, denn seine eigene Partei war
       damals an der Regierung. Es geht nicht um politische Instrumentalisierung.
       Wir müssen das Thema Vergewaltigung neu definieren.
       
       Wie soll das gehen? 
       
       Es braucht ein anderes Narrativ. Es geht nicht darum, Frauen und Kinder
       besser zu beschützen. Das geht nicht nur Feministinnen an. Wir müssen
       Vergewaltigung als Thema der inneren Sicherheit sehen. Mehr als die Hälfte
       unserer Bürger sind nicht sicher. Es geht um Rechtssicherheit. Alle
       politischen Parteien sind patriarchalisch und setzen sich über Gesetze
       hinweg.
       
       Rechtssicherheit ist ein großes Thema in Indien, Korruption in der Polizei
       ist weit verbreitet, gegen ein Drittel der Parlamentsabgeordneten laufen
       Kriminalverfahren … 
       
       Genau, es muss für Politiker zum Risiko werden, das Gesetz zu ignorieren.
       Letztendlich kann eine Änderung nur von den Wählern kommen. Wir sind es
       schließlich, die diese Leute an die Macht bringen. Sie müssen sich vor uns
       verantworten. Wir dürfen nicht lockerlassen.
       
       20 Apr 2018
       
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