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       # taz.de -- Kubas Nationalsport Baseball in der Krise: Castro ist schuld
       
       > Die Stars spielen längst in den USA. Kubas Baseball hat den Anschluss
       > verloren. Kaum etwas wird so intensiv diskutiert wie dessen Zukunft.
       
   IMG Bild: Staubige Angelegenheit: Training in Havanna
       
       Havanna taz | Alexander Rubio steht vor dem Eingang zum Café „Fresa y
       Chocolate“ in Havannas 23. Straße. Ein orangefarbenes Trikot hat er sich
       übergehängt, eine Baseballkappe in den gleichen Farben ziert seinen Kopf.
       „Sorry, aber heute müssen wir uns hier treffen. Da kann ich nicht fehlen“,
       sagt er und deutet auf das Plakat am Eingang. „Béisbol de siempre“ steht
       da drauf. So heißt die Sendung von Yasel Porto, einem jungen, engagierten
       Sportmoderator des kubanischen Senders Telerebelde, der dem Béisbol am
       liebsten eine Frischzellenkur verpassen würde.
       
       Porto geht es wie vielen Fans gegen den Strich, dass Béisbol auf der Insel
       ins Hintertreffen geraten ist. Deshalb lädt er Stars aus den 1970er und
       1980er Jahren ein, um sie dem Publikum zu präsentieren und darauf
       aufmerksam zu machen, welche große Erfolge die Nationalmannschaft, aber
       auch Kubas nationale Liga, die Serie Nacional de Béisbol, vorzuweisen hat.
       
       „Béisbol ist ein Stück nationale Identität. Doch unter Raúl Castro ist die
       Sportförderung in Kuba deutlich zurückgefahren worden. Das und die
       Abwanderung haben zur Krise viel beigetragen“, erklärt Alexander Rubio und
       schiebt sich die Kappe mit den Initialen VC zurecht. Die stehen für Villa
       Clara, eines der großen Teams der Liga. Fünf Titel hat der
       zentralkubanische Klub gewonnen und Baseballlegenden wie Víctor Mesa oder
       Rolando Arrojo hervorgebracht. Der bislang letzte Titel datiert aus der
       Saison 2013.
       
       Villa Clara kämpft mit dem gleichen Problem wie die anderen großen Klubs im
       Land: Die Talente, die die Serie Nacional de Béisbol hervorbringt, heuern
       allzu schnell im Ausland an. „Das geht so weit, dass Eltern ihre
       talentierten Kinder schon mal in die Dominikanische Republik schicken, weil
       die großen Teams der Major League Baseball dort Talente sichten“, erklärt
       der 40-jährige Béisbol-Fan, der im Kultursektor von Havanna arbeitet.
       
       ## Warmer Applaus von älterem Publikum
       
       Heute hat Moderator Yasel Porto zwei Legenden des Béisbol Cubano aus den
       1970er Jahren eingeladen: Armando Capiró und Antonio Muñoz. Beides große
       Nummern mit dem Baseballschläger, die so manchen Homerun in ihren Palmares
       stehen haben. Sie werden mit warmem Applaus von dem eher älteren Publikum
       in der Bar empfangen. „Das Konzept funktioniert, um die Älteren wie mich
       herzulocken, aber für die Jüngeren ist das Format nicht attraktiv genug.
       
       Da müsste man schon kubanische Stars aus der Major League holen“, sagt
       Alexander Rubio ernst. Deren gibt es viele: Aroldis Chapman von den New
       York Yankees etwa oder Yulieski Gourriel von den Houston Astros. Die kennt
       in Kuba jeder Béisbol-Fan. Viele Kubaner sind stolz auf die kubanischen
       Cracks, die sich in der Major League Baseball durchsetzen. Lange Zeit war
       das Reservoir an Spitzenathleten so groß, dass Kubas Auswahl problemlos
       mithalten konnte in der Weltspitze, dass man den US-Teams alles andere als
       unterlegen war.
       
       In den 1990er Jahren mag das noch der Fall gewesen sein, aber spätestens
       mit dem verlorenen Olympia-Finale gegen Südkorea 2008 setzt der Niedergang
       des Béisbol ein. Das meint jedenfalls Alexander Rubio. Er plädiert für
       professionelle Strukturen. „Die Spieler sind zwar offiziell bei
       Staatsfirmen angestellt. De facto sind sie Profis – allerdings ohne
       professionell bezahlt zu werden“, lästert der Mann aus Santa Clara, der
       schon lange in der Hauptstadt lebt.
       
       Diese alten Strukturen sind hin und wieder auch beim Baseball-Talk von
       Yasel Porto Thema. Porto steht mit den Sportverantwortlichen im Kontakt und
       engagiert sich für eine Aufwertung der nationalen Serie. Das ist ein Grund,
       weshalb der Sportmoderator in Kuba so viele Fans hat.
       
       ## Miami und Connecticut
       
       Ein anderer ist, dass Porto es immer wieder schafft, Stars vor das Mikro zu
       bekommen, die eher selten zu sehen sind. Dabei ist er nicht nur auf der
       Insel unterwegs, sondern hin und wieder auch außerhalb – etwa in Miami oder
       in Connecticut. Das hat dem Sportreporter, der versucht kubanische
       Sportgeschichte festzuhalten, viel Lob eingebracht.
       
       Und es hat die Zahl der Fans, die eine bessere Förderung für den
       Nationalsport einfordern, steigen lassen. So hat die monatlich
       stattfindende Diskussionsveranstaltung über Geschichte und Gegenwart des
       Béisbol Signalwirkung. Der Historiker Ismael Sené weist bei einem der Talks
       darauf hin, das Béisbol seit 1878 auf der Insel gespielt wird. „Ich will
       nicht, dass Béisbol in Kuba stirbt, und deshalb engagiere ich mich hier“,
       erklärt Sené und erntet viel Beifall. Es ist ein Applaus, der zeigt, dass
       es um die Zukunft von Baseball auf der Insel nicht zum Besten steht.
       
       13 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julio Abreu Valvidia
       
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