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       # taz.de -- Ein Auto für Viele: Erfolg durch teilen
       
       > Laut einer Studie ersetzen die 344 in Bremen stationierten
       > Carsharing-Wagen mehr als 5.000 Privatautos. Das Wachstumspotenzial
       > bleibt groß
       
   IMG Bild: Um leidige Wartungen müssen sich Autoteiler nicht selbst kümmern
       
       BREMEN taz| Carsharing ist in Bremen noch effektiver als gedacht, das ist
       das Ergebnis einer am Montag vorgestellten Studie. Derzufolge haben 2.352
       Cambio-, Flinkster und Move-About-Kund*innen mit erstem Wohnsitz in Bremen
       ihr Privat-Auto abgeschafft, kurz bevor oder kurz nachdem sie zu
       Wagenteiler*innen wurden. Auf die Neuanschaffung eines PKW verzichtet
       sollen sogar 2.741 von ihnen haben. Weil Bremens Car-Sharing-Unternehmen
       derzeit eine Flotte von 344 Autos vorhalten, ergibt sich nach Hochrechnung
       von Untersuchungsleiter Hannes Schreier, dass jedes Car-Sharing-Fahrzeug
       hier 16 Privatwagen ersetzt. „Das ist eine deutlich höhere
       Parkraum-Entlastung, als wir sie zum Beispiel in München feststellen
       konnten“, so Schreier.
       
       Durchgeführt hatte die Untersuchung im vergangenen Sommer das Berliner
       Mobilitätsforschungsbüro „Team red“ im Auftrag des Umwelt- und
       Verkehrssenators. Ihre Methodik betont die Effizienz von Carsharing: Zum
       einen wurden die Bremer Kund*innen-Daten per online-Erhebung gesammelt.
       Etwas länger als 20 Minuten hat es im Schnitt gedauert, den Fragebogen
       auszufüllen. Die Folge ist ein Rücklauf, der mit 14 Prozent „im geringen,
       aber akzeptablen Bereich“ gelegen habe – und im Wesentlichen von besonders
       motivierten Autoteiler*innen stammen dürfte. Zum anderen wird jemand, der
       sein altes Auto abschafft und auf die Anschaffung eines Neuwagens
       verzichtet, hier doppelt gewertet, als hätte er zwei Wagen stillgelegt.
       
       Allerdings ist es laut Schreier „internationaler Standard, diese Werte zu
       addieren“ – und Vergleichbarkeit ist wichtig, gerade wenn sich Bremen
       einmal als Vorbild fühlen darf. Städte und Gemeinden könnten laut Willi
       Loose, dem Chef des Bundesverbands Carsharing „die Studie als Anlass
       nehmen, um Carsharing zu fördern“. Schließlich hat Bremen in diesem Bereich
       schon jetzt eine ungewohnt gute Ausstrahlung: So soll am Mittwoch im
       norwegischen Bergen der erste Mobilpunkt nach Bremer Modell eingeweiht
       werden. Und Nürnberg hat sich zusichern lassen, dass es seine
       Carsharing-Stationen auch Mobilpunkt nennen darf – mit Hinweis auf die
       freundliche Genehmigung der Freien Hansestadt.
       
       „Wir haben die Namensrechte am Begriff Mobilpunkt“, erläutert Michael
       Glotz-Richter, der bereits unter Reinhard Loske (Grüne) beim
       Verkehrssenator als Referent für nachhaltige Mobilität den Bremer
       Carsharing-Aktionsplan konzipiert hatte. Dessen Ziel, bis 2020 – nach der
       skizzierten Rechenweise – die Stadt um 6.000 PKW zu entlasten und
       mindestens 20.000 Nutzer*innen zu erreichen, bleibt ehrgeizig: Aktuell
       liegt die Zahl bei 14.800.
       
       Aber illusorisch scheint sie nicht: „Wir hatten im vergangenen Jahr ein
       Wachstum von 14 Prozent“, sagt Kerstin Homrighausen, Geschäftsführerin beim
       Platzhirsch Cambio. „Wenn wir das Tempo halten, sind wir im Mai 2020 bei
       20.000.“ Und der Markt sei keineswegs gesättigt, sondern höchstens dadurch
       begrenzt, „dass wir noch nicht wissen, wie wir die wirklich Auto-affinen
       Leute ansprechen“. Als eine andere Wachstumsbremse könnte sich erweisen,
       dass „die jungen Menschen am Ende gar keinen Führerschein mehr machen“, so
       Homrighausen. „Wir bei Cambio wären aber die letzten, die sich über so eine
       Entwicklung beklagen würden.“
       
       Als „nicht ganz so dynamisch“ bezeichnet der Leiter der
       Move-About-Kundenbetreuung, Markus Funke, das Wachstum seiner Firma:
       Möglich, dass manche noch mit Elektro-Autos fremdeln, auf die sich das
       Unternehmen spezialisiert habe. Vor allem ist der vor zehn Jahren
       gegründete zweite Bremer Anbieter noch weitgehend unbekannt: Nur acht
       Prozent der Bremer*innen kennen ihn, bei Cambio sind es 85 Prozent. Dass
       aber laut Studie 39 Prozent der KfZ-Besitzer*innen mit dem Gedanken
       spielen, ins Autoteilen einzusteigen, stimmt ihn optimistisch: „Das ist
       doch ein großes Potenzial.“
       
       8 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benno Schirrmeister
       
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