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       # taz.de -- Kolumne Macht: Erfolgreich und unberechenbar
       
       > Donald Trump täuscht und lügt, jetzt auch in seiner Präsidentenmaschine,
       > der Air Force One. Ein Skandal? Nein, das Problem liegt woanders.
       
   IMG Bild: Kämpfte in Wahrheit natürlich nie mit einem Regenschirm: US-Präsident Donald Trump vor seinem Dienstflugzeug Air Force One
       
       Faszinierend ist nicht, dass Donald Trump täuscht und lügt. Das haben auch
       schon andere US-Präsidenten getan – und nicht nur sie. Faszinierend ist,
       dass es Donald Trump gleichgültig zu sein scheint, ob er erwischt wird.
       Das, und nicht das Fehlverhalten als solches, ist die Aufkündigung eines
       gemeinsamen Normengerüsts der Gesellschaft.
       
       Entsprechend hilflos fallen die Reaktionen aus. Wenn jemand das erste Mal
       mit der Hand im Mustopf ertappt wird, ist die Freude, auch die
       Schadenfreude, groß. Aber was will man tun, wenn es das zweite, siebte,
       zehnte Mal passiert und niemals Konsequenzen nach sich zieht?
       
       Jetzt wird, mit seltsamem Pathos, darauf hingewiesen, dass Trump an Bord
       der Präsidentenmaschine Air Force One gelogen hat. Ooohhhh! An Bord der
       Präsidentenmaschine! Was für ein Skandal!
       
       Da zucke auch ich mit den Achseln. Na und? Ein Flugzeug ist kein
       Parlamentsausschuss. Wo genau der US-Präsident lügt, halte ich nicht für
       wichtig. Sei es am Boden, in der Luft oder irgendwo dazwischen.
       
       Nun gibt es wahrscheinlich ohnehin kaum einen Menschen auf der Welt, der je
       von Stormy Daniels gehört hat und älter als acht Jahre ist, der die
       hanebüchenen Behauptungen von Trump und seinem ehemaligen Anwalt glaubte:
       Keine Affäre, Trump wusste von nichts, das Schweigegeld kam vom Juristen
       persönlich. Hm.
       
       Was soll’s. Ob Trump außereheliche Affären hatte und hat, geht nur seine
       Frau Melania etwas an, und ich finde den Vorwurf ziemlich konstruiert, hier
       seien Kampagnengelder missbraucht worden. Die Prophezeiung sei gewagt: Der
       Präsident wird nicht über eine Beziehung mit Stormy Daniels stürzen.
       
       ## Verbündete? Nicht bei Trump
       
       Interessanter ist der Fall eines ehemaligen Arztes von Donald Trump. Der
       erklärte jetzt, dass der damalige Präsidentschaftskandidat ihm das
       Gesundheitszeugnis diktiert habe, das dessen Wahlkampfteam wenig später
       veröffentlichte. Auszug: Trump werde „der gesündeste Mensch“ sein, „der
       jemals ins Präsidentenamt gewählt wurde“.
       
       Man hätte darauf kommen können, dass Trump das selbst formuliert hat. Es
       entspricht seiner Diktion.
       
       Aber warum um alles in der Welt war ein Arzt bereit, etwas zu tun – und
       damit seinen Ruf zu ruinieren –, was ihm, so weit wir wissen, gar nichts
       genutzt hat? Warum ist überhaupt noch jemand bereit, das eigene Schicksal
       mit dem von Donald Trump zu verknüpfen?
       
       Das ist unbegreiflich, das ist das eigentlich Unbegreifliche. Trump wirft
       seine Verbündeten jederzeit unter den Bus, wenn es ihm nützlich zu sein
       scheint. Lange glaubten zahlreiche Analytiker, der US-Präsident sei nicht
       mehr als eine Marionette, gesteuert von Beratern wie beispielsweise dem
       Rechtspopulisten Steve Bannon.
       
       ## Ziemlich viel erreicht
       
       Bannon wurde mittlerweile gefeuert. Ebenso wie fast alle anderen Berater
       der ersten Stunde. Donald Trump agiert offenbar tatsächlich weitgehend
       allein. Und er ist ja nicht einmal erfolglos.
       
       Abbau von Umweltschutz, Steuerreform zugunsten der Besserverdienenden,
       Erhöhung der Nato-Ausgaben von Verbündeten, Neuverhandlung von
       Wirtschaftsbeziehungen mit dem Rest der Welt, neue Beziehungen zu
       Nordkorea. Trump hat im Hinblick auf seine eigene Agenda ziemlich viel
       erreicht. Mal Gutes, mal Schlechtes. Fast immer: Unberechenbares.
       
       Wir, die wir den Kurs von Donald Trump nicht schätzen, müssen uns ein wenig
       mehr als bisher anstrengen, um überzeugend erklären zu können, warum er so
       toll nicht ist. Moralische Empörung genügt nicht – oder jedenfalls: nicht
       mehr.
       
       5 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Gaus
       
       ## TAGS
       
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