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       # taz.de -- Staat und Kirche in Bayern: Karlsruhe, Kruzifixe und Krawall
       
       > Das Verfassungsgericht hat Kruzifixe in Schulen beanstandet. In Bayern
       > hängen sie dennoch. Eltern können widersprechen.
       
   IMG Bild: Der Freistaat Bayern findet immer einen Weg, um seine Kurzifixe aufzuhängen
       
       Wenn in Bayern die Anbringung von Kreuzen angeordnet wird, ist das nicht
       nur ein gesellschaftspolitisches Symbol. [1][Söders Ankündigung] kann auch
       als Botschaft an das Bundesverfassungsgericht gelesen werden.
       
       In seinem Kruzifix-Beschluss hatte das Bundesverfassungsgericht 1995 die
       bayerische Kruzifix-Pflicht für Volksschulen, also Grund- und Hauptschulen,
       beanstandet. Die Religionsfreiheit verbiete es, dass Kinder zum „Lernen
       unter dem Kreuz“ verpflichtet werden. Das Urteil sorgte in Bayern für
       Aufruhr, mehr als 30.000 Menschen demonstrierten in München, an der Spitze
       war der damalige CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber.
       
       In der Folge gab Bayern nur teilweise nach. So heißt es jetzt im
       bayerischen Schulgesetz: „Angesichts der kulturellen und geschichtlichen
       Prägung Bayerns wird in jedem Klassenraum ein Kreuz angebracht.“ Die
       Regelung, die für alle Grundschulen gilt, sieht allerdings auch vor, dass
       Eltern widersprechen können. Die Schulleitung soll dann eine „gütliche
       Einigung“ versuchen, wobei auch der „Wille der Mehrheit“ zu berücksichtigen
       ist.
       
       ## Keine Widerspruchslösung für Landesbehörden vorgesehen
       
       1999 erklärte das Bundesverwaltungsgericht, dieses Gesetz sei
       verfassungskonform, wenn widersprechende Eltern dabei im Klassenverband
       anonym bleiben können und an die Begründung des Widerspruchs keine
       überzogenen Anforderungen gestellt werden.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hatte bisher keine Gelegenheit, zu dem Gesetz
       Stellung zu nehmen, weil im Fall, dass es klagebereite Eltern gab, das
       Kreuz stets abgenommen wurde, diese also nicht mehr betroffen waren. Für
       Lehrer gibt es allerdings keine Widerspruchsmöglichkeit. Als ein Lehrer
       2010 deshalb Verfassungsbeschwerde erhob, ließ Karlsruhe die Klage so lange
       liegen, bis der Mann 2015 pensioniert wurde und sich der Fall erledigt
       hatte.
       
       Wenn nun im Eingangsbereich von bayerischen Landesbehörden Kreuze
       aufgehängt werden, ist eine Widerspruchslösung weder vorgesehen noch
       praktikabel, schließlich wird eine Eingangshalle meist nur kurz passiert.
       Für die bayerische Regierung ist eine Widerspruchslösung aber auch nicht
       notwendig, da das Kreuz hier ja kein Glaubenssymbol sei, sondern nur ein
       „Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung“. Die
       staatliche Neutralitätspflicht sei deshalb nicht verletzt. Das ist aber ein
       offensichtlicher Trick. Sowohl Bürger als auch Kirchen sehen im Kreuz vor
       allem das zentrale Symbol des Christentums.
       
       Auch das Bundesverfassungsgericht erklärte in seinem Kruzifix-Beschluss
       1995, das Kreuz könne „nicht seines spezifischen Bezugs auf die
       Glaubensinhalte des Christentums entkleidet und auf ein allgemeines Zeichen
       abendländischer Kulturtradition reduziert werden“.
       
       26 Apr 2018
       
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