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       # taz.de -- Personalmangel im Gesundheitsamt: Gefährliche Missstände
       
       > Dem Bremer Gesundheitsamt fehlen ÄrztInnen und HygieneaufseherInnen. Die
       > Opposition fürchtet den nächsten Keimskandal.
       
   IMG Bild: 2011 waren wegen mangelnder Hygiene im Klinikum Bremen-Mitte drei Frühgeborene gestorben
       
       BREMEN taz | Wäre das Gesundheitsamt Bremen ein menschlicher Körper, dann
       hätte es mindestens ein ungutes Rumoren in der Magengegend, einhergehend
       mit unschönen Mangelerscheinungen. Die Senatorin für Gesundheit, Eva
       Quante-Brandt (SPD), hätte derzeit jedenfalls allen Grund, sich krank zu
       melden: Zum wiederholten Mal innerhalb eines Monats wurden interne
       Konflikte in ihrer Behörde bekannt.
       
       Vor ein paar Wochen hatten mehrere Referatsleiter ihrer Behörde ihren
       Führungsstil und „mangelnde Wertschätzung“ öffentlich angeprangert. Jetzt
       berichtet der Weser-Kurier über „Brandbriefe“ und neue interne Missstände,
       die von MitarbeiterInnen seit über einem Jahr intern kritisiert würden.
       
       Aufgrund eklatanten Personalmangels könnten vorgeschriebene
       Hygiene-Kontrollen nicht mehr im vollen Umfang durchgeführt werden.
       Besonders in medizinischen Einrichtungen ist das gefährlich: 2011 hatten
       resistente Keime in der Frühchen-Station des Klinikums Bremen-Mitte durch
       Infektionen den Tod dreier frühgeborener Babys verursacht.
       
       Anonyme Mitarbeiter und Personalrat bemängelten nun, dass es besonders im
       Referat Infektionsepidemiologie derzeit zu wenig Personal gebe und man bei
       einem ähnlichen Ausbruch nicht angemessen reagieren könne.
       
       „Führungsversagen“ ist der Personalmangel aus Sicht von Rainer Bensch, dem
       gesundheitspolitischen Sprecher der CDU. „Komplett überrascht“ sei er von
       der Nachricht gewesen und will nun wissen, ob und wie die Behörde mit einem
       erneuten Keimskandal umgehen könnte.
       
       Bensch hat einen detaillierten Bericht gefordert. Er warf Quante-Brandt
       „fahrlässige Gleichgültigkeit“ vor und bemängelte, dass sie erst auf Druck
       der Öffentlichkeit reagiere. Auch die FDP erklärte das Gesundheitsamt unter
       der SPD-Politikerin „zum Problemfall“ – Hygiene-Kontrollen nicht
       durchzuführen sei „ein Spiel mit dem Feuer“.
       
       Als schlichtweg „falsch“ bezeichnet Christina Selzer, Sprecherin der
       Gesundheitsbehörde, diese Information. Es sei zwar eng, aber alle
       vorschriftsmäßigen Hygiene-Kontrollen seien durchgeführt worden.
       
       Zudem habe die Senatorin auf den intern schon länger bekannten
       Personalmangel bereits reagiert: Um bessere Chancen in Konkurrenz mit dem
       Umland zu haben und vakante Stellen zu besetzen, zahle das Gesundheitsamt
       Bremen künftig bessere Zulagen für ÄrztInnen und habe durchgesetzt, dass
       GesundheitsaufseherInnen besser bezahlt würden, aber „natürlich gibt es
       einen massiven Engpass in bestimmten Bereichen“, so Selzer zur taz. Die
       Stellen seien im Bewerbungsverfahren.
       
       ## Unhaltbarer Zustand
       
       Der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Peter Erlanson, kritisiert
       dann auch hauptsächlich nicht die dünne Personaldecke im Gesundheitsamt,
       sondern die Doppelzüngigkeit der CDU. Die Partei haue immer nur auf Köpfe
       ein, arbeite jedoch nicht an Lösungen. Der von der CDU befürwortete
       Sparkurs sei schuld an vielen Problemen: „Das Kaputtsparen über die Jahre
       hat dazu geführt, dass nicht genug Personal da ist.“
       
       Natürlich sei es ein unhaltbarer Zustand, wenn im Gesundheitsamt Personal
       fehle: „Aber das muss finanziert werden“, sagt Erlanson. Haushaltsanträge
       dazu habe die CDU allerdings nicht gestellt, sie handele nach dem Motto:
       „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“
       
       ## Unbesetzte Stellen
       
       Ähnlich sieht das auch Stephanie Dehne, gesundheitspolitische Sprecherin
       der SPD-Fraktion: „Hygiene-Notstand ist der falsche Begriff“, sagt sie. Es
       sei schon länger bekannt, dass im Kontrollbereich nicht genug Personal sei,
       „gleichwohl ist es schwierig, geeignete Ärzte und Kontrolleure zu finden,
       weil das Umland besser bezahlt und das Bremer Gesundheitsamt mehr zu
       meistern habe“ – je mehr Armut, umso größer die gesundheitlichen Probleme
       und Aufgabenbereiche des Amts, so Dehne.
       
       Seit Jahren habe das Gesundheitsamt deshalb weniger Stellen besetzt als ihm
       eigentlich zustünden. Helfen könnten dagegen neben finanziellen Anreizen
       auch eine klare Aufstellung im Gesundheitsamt – der letzte Behördenleiter
       blieb nur ein Jahr, derzeit ist die Stelle ausgeschrieben. Quante-Brandt
       sagt, das Gesundheitsamt werde derzeit „komplett neu aufgestellt“ und hoffe
       auf eine Verbesserung der Situation. Man kann nur gute Besserung wünschen.
       
       9 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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