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       # taz.de -- wie machen sie das?: Die Musikerin
       
       Die Cellistin Hanna Kölbel, 28, tritt mit Kammermusik-Ensembles und als
       Solistin auf. Sie ist Mitbegründerin des klassischen Pierrot Quartetts und
       des experimentellen Trios Down The Rabbit Hole. 
       
       taz am wochenende: Frau Kölbel, Sie improvisieren gerne mit Ihrem Cello.
       Wie gehen Sie an eine solche Improvisation heran? 
       
       Hanna Kölbel: Ich versuche, einen leeren Kopf zu haben und impulshaft etwas
       zu greifen, was mir spontan in den Kopf kommt. Ich beginne zum Beispiel mit
       drei Tönen, die können ganz willkürlich sein. Manche Leute fangen auch mit
       einer Phrase aus einem Stück an, mit etwas Konkretem, um sich dann davon zu
       lösen.
       
       Was beeinflusst den Klang einer Improvisation? 
       
       Beim Improvisieren spielt die musikalische Ausbildung eine Rolle, der
       Geschmack, vor allem aber die reflexhaften musikalischen Fähigkeiten. Ein
       befreundeter Jazzbassist hat mal gesagt: Wenn man seinen Tag immer mit
       Tonleitern beginnt, dann wird man auch in der Improvisation Tonleitern
       spielen. Wenn ich versuche, weniger vom Kopf auszugehen, sondern vom Hören,
       passieren manchmal Dinge, die ich nicht erwartet hätte, die Spaß machen,
       und Lust, weiter damit zu experimentieren.
       
       Wie kommunizieren Sie mit den anderen Musikern, wenn Sie gemeinsam
       improvisieren? 
       
       Über den Klang. Das, was man spielt und was man hört, die Situation an
       sich, das ist die Kommunikation. Alles zwischen Ohr und Instrument spielt
       eine Rolle. Es gibt viele Parameter, die man verändern kann, wie
       Lautstärke, Tonhöhe, Klangfarbe, Rhythmus. Auch die Gesamtstrukturierung
       spielt eine Rolle: Was war, was kommt, hat die Improvisation ein Ende, und
       wann? Vor dem Spiel kann man unterschiedliche Regeln festlegen. Wichtig
       sind auch die zwischenmenschlichen Parameter: Welchen Platz nehme ich im
       Raum und wie viel Platz gebe ich den anderen?
       
       Wie war es bei Ihrem letzten Konzert? 
       
       Gemeinsam mit vier anderen Musikern habe ich einen Stummfilm begleitet. Das
       war „Das Cabinet des Dr. Caligari“, einer der ersten Horrorfilme. Bei einem
       Film ist relativ viel festgelegt: er hat eine bestimmte Dauer und auch
       einen bestimmten Ausdruck. Bei Dr. Caligari ist da diese hyper-expressive
       Schauspielerei. Die kann man nicht ignorieren. In zwei Proben haben wir den
       Film diskutiert und uns auf ein paar strukturelle Dinge geeinigt, das war
       ziemlich organisiert.
       
       Wie kann man sich das konkret vorstellen? 
       
       Wir haben Regeln festgelegt, wie wir die verschiedenen Teile des Films
       beginnen, jeder hatte einen bestimmten Ton, es gab einen festen Rhythmus.
       Von Minute null bis Minute fünf spielen wir einen bestimmten dissonanten
       Akkord, der ist unsere Basis. Dann kann es sich weiterentwickeln, je
       nachdem, was im Film passiert.
       
       Interview Johanna Kleibl
       
       12 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johanna Kleibl
       
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