# taz.de -- Gastkommentar Medien und die Polizei: Achtung, Behörden-PR!
> Viele Redaktionen verbreiten Meldungen der Polizei – unhinterfragt. Dass
> Skepsis angebracht ist, haben erneut die Demos am 1. Mai gezeigt.
IMG Bild: Auch die Polizei macht Pressearbeit. Das gehört zur Demokratie.
Wer sich am 1. Mai über die [1][Neonazi-Kundgebung in Chemnitz] informieren
wollte, erfuhr von der Polizei Sachsen auf Twitter folgendes: „Einsatzziel
erreicht“, „Störungen frühzeitig“ unterbunden, so die [2][Videobotschaft]
der Polizeisprecherin. Es gab heroische, instagram-taugliche [3][Bilder von
Polizisten]; Beamtinnen hatten [4][„trotz des Trubels im Einsatz #Chemnitz
immer ein Lächeln parat“]. Ein Hufschmied besohlte ein Polizeipferd. Welche
Idylle!
Von verbotenen [5][Nazi-Symbolen] auf T-Shirts der Teilnehmer, von einem
Polizisten, der einen Journalisten zur [6][Löschung von Fotos] auffordert,
von [7][Rufen] wie „Ein Hammer, ein Stein, ins Arbeitslager rein!“ oder
„Ihr bekommt noch Zyklon B“, die in Richtung der Gegendemonstranten
gefallen sein sollen, erfuhr man nichts.
Am 1. Mai [8][marschierte der „Dritte Weg“] durch Chemnitz: eine vom
Verfassungsschutz beobachtete, rechtsextreme Kleinstpartei. Mit dabei: ein
knappes Dutzend Polizisten mit blauer Weste. „Social Media“ oder
„Kommunikationsteam“ stand darauf. Das klingt sympathisch und ist sicher
auch sinnvoll. Und dennoch: Es ist interessengeleitete Kommunikation. Und
die gehört eingeordnet. Immer.
Bei Pharma-Konzernen und Chemieunternehmen, bei Waffenschmieden und
AKW-Betreibern: Würde man sich dort mit den Aussagen der Pressestelle
zufrieden geben, ohne jede Rückfrage? Man würde es nicht. Warum sollte man
das bei der Polizei anders halten?
Bei G20 wurden [9][halb so viele Polizisten im Einsatz verletzt], wie
behauptet. In Ellwangen konnten [10][weder Waffen noch Gewalttäter]
gefunden werden. Das kam raus, weil Journalisten nicht einfach abgetippt,
sondern angerufen und nachgefragt haben.
Damit soll nicht gesagt sein, dass die Kommunikationsteams der Polizei
lügen. Aber sie betonen manches stärker, anderes nicht, lassen Dinge weg –
und können natürlich auch nicht alles sehen oder hören. Das ist auch nicht
schlimm.
Redaktionen haben täglich mit PR zu tun, auch von staatlicher Seite. In der
demokratisch verfassten Mediengesellschaft gehört das dazu: viele Akteure,
viele Sichtweisen, alle bringen etwas ein, Medien und eine kritische
Öffentlichkeit gewichten und verhandeln das miteinander. Das ist
Demokratie.
Die Polizei schützt das Funktionieren dieser Demokratie. Ohne sie ginge es
nicht. Ihre Pressestellen aber sind nicht der Wahrheit verpflichtet, so
mancher Polizeigewerkschafter erst recht nicht. Journalisten schon.
6 May 2018
## LINKS
DIR [1] /Demos-zum-1-Mai-in-Chemnitz/!5502333
DIR [2] https://twitter.com/PolizeiSachsen/status/991325636512960513
DIR [3] https://twitter.com/PolizeiSachsen/status/991315405762453504
DIR [4] https://twitter.com/PolizeiSachsen/status/991289774790017025
DIR [5] https://twitter.com/JFDA_eV/status/991283138117632000
DIR [6] https://twitter.com/JFDA_eV/status/991309983081000962
DIR [7] https://twitter.com/JFDA_eV/status/991302847064166402
DIR [8] https://www.buzzfeed.com/de/marcusengert/ein-tag-unter-neonazis
DIR [9] https://www.buzzfeed.com/de/marcusengert/bei-g20-protesten-weniger-polizisten-verletzt-als-gemeldet
DIR [10] /!5500584/
## AUTOREN
DIR Marcus Engert
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