URI: 
       # taz.de -- Das Parlament schaltet in den Arbeitsmodus
       
       > Der Versuch der AfD, dem Bundestag ihre Agenda aufzuzwingen, schlägt
       > fehl. Stattdessen streiten Regierung und demokratische Opposition
       > engagiert um den Bundeshaushalt
       
   IMG Bild: Mit geballter Faust: Merkel verteidigt ihre Finanzpolitik
       
       Aus Berlin Anja Maier
       
       Am Beginn der Generaldebatte zum aktuellen Kanzleretat stehen zwölf Minuten
       Hetze. Eine Frau in zartrosa Hemdbluse unternimmt am Mittwochmorgen den
       Versuch, das Niveau des Parlaments tief unter die Nulllinie zu ziehen.
       Alice Weidel schreit und pöbelt und zieht genüsslich die Luft durch die
       Nase, wenn ihr von den Bänken Protest entgegen schallt. Was genau die
       AfD-Fraktionsvorsitzende an Hass und Vorurteilen von sich gegeben hat,
       entnehmen Sie bitte anderen Medien. In diesem Text geht es um etwas
       anderes: um die Aufgabe der Opposition, sachgerecht die Finanzpolitik der
       schwarz-roten Bundesregierung zu hinterfragen.
       
       Um 9.13 Uhr tritt die Kanzlerin ans Rednerpult. „Guten Morgen“, sagt Angela
       Merkel erst einmal und lenkt das Plenum damit vom Erregungs- in den
       Arbeitsmodus. In ihrer vierten Amtszeit hat Merkels Regierungsmannschaft
       jede Menge Geld zu verteilen. Satte 342 Milliarden Euro umfasst der Etat
       für 2018, wie schon in der zurückliegenden Legislaturperiode bleibt es bei
       der fetischisierten „Schwarzen Null“.
       
       Merkel gibt die Weltpolitikerin, die sich bewusst ist, dass die
       Außenpolitik die Innenpolitik maßgeblich beeinflusst. Dass Deutschland seit
       2014 ohne neue Schulden auskomme, sagt die Kanzlerin, sei „alles andere als
       selbstverständlich“. Zugleich würden die Konflikte in der Welt eher mehr
       als weniger. Wortreich rechtfertigt sie den üppigen Verteidigungsetat. Mit
       38,5 Milliarden Euro für dieses und 41,5 Milliarden für das kommende Jahr
       ist er der größte Brocken. Es gehe aber „nicht um Aufrüstung, sondern es
       geht ganz einfach um Ausrüstung“, sagt Merkel.
       
       Die Fraktionsvorsitzende der Linken widerspricht vehement. „Der
       Rüstungsetat ist das einzige, wo Sie nicht kleckern, sondern klotzen“, hält
       Sahra Wagenknecht der Regierungschefin entgegen. Und statt die Bundeswehr
       mit Steuergeldern zu pampern, sollte die neue Große Koalition besser den
       Waffenhandel unterbinden und verantwortungsvollere Außenpolitik betreiben.
       Bundesminister Heiko Maas (SPD) nennt Wagenknecht einen „Amateur im
       Außenamt“. Während die Linke immer lauter wird, tippt die Kanzlerin auf
       ihrem Handy herum.
       
       Eine ebenfalls engagierte Rede hält Katrin Göring-Eckardt. Die
       Fraktionschefin der Grünen legt den Finger in die große Leerstelle des
       Regierungsvertrages von Union und SPD: die Klimapolitik. Auf der
       Regierungsbank sitze „das ökologische Schweigekartell“, schimpft sie. CDU,
       CSU und SPD sorgten auf der Zugspitze für schöne Bilder „und haben dann
       nicht mal den Hintern in der Hose, mit einem Beschluss zur Klimapolitik
       wieder runter zu kommen“. 
       
       Negativ fällt auch die Bilanz der FDP aus. Christian Lindner kritisiert die
       Ausgaben für Renten und Kindergeld und fordert mehr Geld für die Bildung.
       „Machen Sie von Ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch – führen Sie und
       regieren Sie dieses Land!“, spricht er die Kanzlerin direkt an. Lindner
       weiß, dass Merkel die FDP braucht, will sie die geplanten
       Grundgesetzänderungen, etwa für den Digitalpakt Schule, durchs Parlament
       kriegen. An diesem Mittwoch formuliert er dafür schon mal Bedingungen wie
       Sonderabschreibungen für die Digitalwirtschaft, die Senkung der
       Sozialabgaben unter 40 Prozent und das Ende des Soli.
       
       Die Rede der SPD-Fraktionschefin kommt einer politischen Gratwanderung
       gleich. Deutlich ist zu spüren, wie Andrea Nahles sich bremsen muss. Als
       Parteichefin müsste sie das Profil der angeschlagenen Sozialdemokraten
       schärfen – als Fraktionsvorsitzende jedoch Disziplin walten lassen. Und so
       versucht Nahles, den Pfeil ihrer Kritik gegen die Liberalen zu richten und
       zugleich SPD-Minister wie Katarina Barley und Franziska Giffey zu loben. Es
       bleibt beim Versuch. Die SPD muss ihre Rolle in dieser Koalition noch
       finden.
       
       17 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA