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       # taz.de -- Terrakotta-Armeee in Bremen: Der XXL-Kaiser
       
       > Bremen zeigt die Ausstellung „Die Terrakotta-Armee & Das Vermächtnis des
       > ewigen Kaisers“. Was klingt wie ein neuer Harry-Potter-Titel ist auch
       > ebenso märchenhaft.
       
   IMG Bild: Verteilen sich über zehn Ausstellungsräume: Nachgemachte Krieger
       
       BREMEN taz | Die Winkekatzen in Kompaniestärke stehen schon im Shop bereit,
       während am Rest der Ausstellung noch gebaut wird: Am 18. Mai wird die viel
       beworbene Wanderausstellung „Die Terrakotta-Armee & Das Vermächtnis des
       ewigen Kaisers“ im BLG-Forum in der Überseestadt eröffnet.
       
       Was klingt wie ein neuer Harry-Potter-Titel ist auch ebenso märchenhaft: Im
       ersten von insgesamt zehn Ausstellungsräumen begrüßt eine überlebensgroße
       Figur des Kaisers Qin Shi Hiang Di die BesucherInnen, darunter steht auf
       einem Schild: „Die Gesichtszüge des Kaisers sind, wie bei Porträts anderer
       historischer Persönlichkeiten, frei erfunden.“ Das stimmt so natürlich
       nicht, ist aber auch egal. Denn das, was die Macher als „8. Weltwunder“
       bezeichnen, das nun seinen Weg nach Bremen findet, ist ohnehin alles nicht
       echt.
       
       Die wahre Terrakotta-Armee, die aus geschätzten 8.000 Skulpturen besteht,
       liegt in je 80 bis 300 Einzelteile verstreut im zentralchinesischen Xi’an.
       Nachdem örtliche Bauern 1974 beim Brunnengraben zufällig auf die Grabstelle
       gestoßen waren, wird dort professionell gegraben. Seit 1987 ist die
       Grabstätte des ersten Kaisers von China Unesco-Weltkulturerbe.
       
       Die Fläche der Grabstätte ist so groß wie Manhattan, bislang ist nur ein
       kleiner Teil überhaupt ausgegraben worden. Mehr als 700.000 Arbeiter, so
       schätzen Wissenschaftler, sollen seit 221 vor Christus mit der Anlage der
       Begräbnisstätte beschäftigt gewesen sein. Der Kaiser selbst starb 210 vor
       Christus und wurde dann dort beigesetzt. Der eigentliche Grabhügel, in dem
       der Kaiser bestattet worden ist, wurde bislang nicht geöffnet. Allerdings
       sind Teile der Anlage offenbar schon kurz nach dem Tod des Kaisers
       teilweise verwüstet worden.
       
       Die je um die 1,80 Meter großen Tonkrieger-Repliken werden für die
       Wanderausstellung vor Ort von heimischen Handwerkern aus demselben Material
       hergestellt wie die Originale – China plagiiert sich diesmal selbst. Die
       Originale auf Ausstellungsreise zu schicken, kommt nicht in Frage: Die
       ohnehin fragmentierten Tonkrieger würden unterwegs zerbröseln.
       
       „Das Material ist so brüchig wie alte Blumentöpfe“, sagt der Chemiker Heinz
       Langhals, Emeritus der Organischen Chemie an der
       Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hat in einem internationalen
       Forschungsprojekt die Originalkrieger untersucht, um den Aufbau der Farben
       zu bestimmen. „Die Figuren sind mit bakelitartigem Qi-Lack überzogen“,
       darauf seien dann vermutlich Temperafarben aufgetragen worden.
       
       Das Problem: Sobald die Kriegerfragmente ausgegraben werden, blättert die
       Farbe ab. „Wenn die Luftfeuchtigkeit auf unter 84 Prozent sinkt, kann man
       dabei zugucken, wie innerhalb von fünf Minuten die Farbe abfällt.“ Und weil
       alles so fragil ist, ist auch der Chemiker froh, dass wenigstens die
       Kaisergruft noch nicht geöffnet wurde: „Die Analytik schreitet immer weiter
       voran. Persönlich bin ich natürlich neugierig auf die Grabstelle, aber als
       Wissenschaftler wünsche ich mir, dass sie noch lange intakt und ungeöffnet
       bleibt.“
       
       Mit den Repliken ist der Chemiker zufrieden: „Die sind perfekt gemacht.“
       
       18 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karolina Meyer-Schilf
       
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