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       # taz.de -- Behördensprache soll leichter werden: Bezahlen statt entrichten
       
       > Amtsdeutsch ist oft schwer zu verstehen. Die Finanzminister der Länder
       > wollen das nun ändern.
       
   IMG Bild: Nicht einfach zu verstehen
       
       Post vom Finanzamt löst selten Glücksgefühle aus. Dass man die Schreiben
       manchmal auch nach dem zehnten Lesen nicht verstanden hat, macht die Sache
       nicht besser: Lange Sätze, Fachbegriffe und Juristendeutsch erschweren das
       Verständnis. Die Finanzminister der Länder wollen das ändern und sich
       deswegen bei ihrer Jahreskonferenz am 24. und 25. Mai in Goslar damit
       beschäftigen, wie ihre Sprache bürger*innenfreundlicher werden kann.
       
       Die Initiative kommt aus dem Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen. Dort
       sollen in den letzten Monaten bereits 600 Vordrucke überarbeitet worden
       sein, um sie lesbarer und übersichtlicher zu machen.
       
       Für die Behörden gibt es aber noch viel zu tun. „Das Fachchinesisch der
       Finanzämter ist ein Problem für alle“, sagte Isabel Klocke, Leiterin der
       Steuerabteilung im Bund der Steuerzahler, der taz. Regelmäßig wenden sich
       Leute an sie, weil sie die Briefe und Anträge der Behörde nicht verstehen.
       Ein Begriff, der oft missverstanden wird, sei zum Beispiel „Anhörung“. „Das
       könnte man leicht durch ‚Stellungnahme‘ ersetzen – ‚Anhörung‘ klingt für
       viele Leute nach Verhör und Straftat.“
       
       Ein Problem bei solchen Umformulierungen ist, dass die Finanzämter oft nah
       am Gesetzestext bleiben wollen. Darum schlägt Klocke vor, Erklärungstexte
       einzubauen – der entsprechende Paragraf könnte dann trotzdem noch zitiert
       werden.
       
       Auch Sprachwissenschaftlerin Michaela Blaha ist überzeugt, dass bereits
       kleine Änderungen die Texte verständlicher machen könnten. „Fachsprache ist
       natürlich oft schwer zu übersetzen. Es gibt aber auch viel
       Pseudo-Fachsprache, die nicht notwendig ist. Warum zum Beispiel heißt es
       einen Betrag ‚entrichten‘ und nicht einfach ‚bezahlen‘?“
       
       ## Eine Haltungsfrage
       
       Obwohl es durchaus Bewegung bei dem Thema gebe, habe sie die Erfahrung
       gemacht, dass sich die Sprache in den Behörden nur langsam verändere. Das
       liege zum einen daran, dass die Ausbildung fehle, zielgruppengerecht zu
       formulieren. „Es ist aber auch eine Haltungsfrage“, so Blaha. „Viele sagen:
       Ich führe hier hoheitliche Aufgaben aus, also drücke ich mich auch
       hoheitlich aus.“
       
       Dabei würden alle davon profitieren, wenn sich die Behörden verständlicher
       ausdrücken würden. Die Ämter müssten nicht nur viel weniger Rückfragen
       beantworten, sondern würden auch deutlich an Sympathie gewinnen, ist Blaha
       überzeugt.
       
       22 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Miriam Schröder
       
       ## TAGS
       
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