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       # taz.de -- Messerattacke in Flensburg: Ein Schuss und viele Fragen
       
       > In Flensburg wurde ein Messerangreifer in einem Zug von einer Polizistin
       > erschossen. So klar, wie anfangs gedacht, ist der Tathergang nicht.
       
   IMG Bild: Zwei Verletzte und ein Toter: Nach der Messerattacke im IC sind Sanitäter vor Ort.
       
       Kiel taz | Blut ist geflossen. Zwei Menschen sind verletzt, ein weiterer
       ist gestorben. Ein Messer wurde benutzt, Schüsse sind gefallen. Soweit die
       wohl unbestrittenen Fakten des Vorfalls, der sich am frühen Mittwochabend
       in einem Intercity-Zug auf der Fahrt nach Flensburg ereignet hat. Das
       genaue Wie und Warum ist weiterhin unklar.
       
       Anfangs schienen die Rollen klar verteilt: Mann (24) greift Mitreisenden
       mit Messer an. Bahnschaffner ruft über Lautsprecher nach der Polizei.
       Zufällig mitreisende Polizistin (22) kommt hinzu, stürzt sich ins
       Handgemenge, wird selbst verletzt – und schießt. Der 24-Jährige ist tot,
       die Beamtin und der Angegriffene kommen ins Krankenhaus.
       
       Die Gewerkschaft der Polizei war beeindruckt vom „couragierten Verhalten
       der Kollegin“, die Junge Union forderte, den „finalen Rettungsschuss“ in
       die Landesgesetze aufzunehmen. Nur die Flensburger Oberstaatsanwältin
       Ulrike Stahlmann-Liebelt musste beim Interview auf dem Nachrichtenportal
       der Welt auf die Frage der Moderatorin nach dem „Täter“ zurückfragen: „Äh,
       mit Täter meinen Sie den Getöteten?“
       
       ## Täter war legal in Deutschland
       
       Der Mann, so viel ist bekannt, hatte einen Migrationshintergrund. Er hielt
       sich aber legal in Deutschland auf – war also selbst nach Christian
       Lindner’schen Regeln ein Mensch, der in der Warteschlange beim Bäcker nicht
       böse angeschaut werden sollte.
       
       Inzwischen ergibt sich ein neues Bild der Tat. Wie die Flensburger Polizei
       am Freitag mitteilte, war offenbar die uniformierte Beamtin selbst das
       Angriffsziel. Der 24-Jährige verletzte sie, als sie in dem einfahrenden Zug
       auf dem Weg zu Tür war, mit einem „Küchenmesser“, so die Polizeimeldung.
       Sie schrie um Hilfe. Ein 35-Jähriger kam und trennte die beiden. Dabei
       erlitt der Helfer einen schweren Stich und ging zu Boden. Die Polizistin
       zog ihre Waffe und schoss.
       
       Klar: Wer mit einem Messer angegriffen wird, darf sich wehren. Aber was
       löste den Angriff aus? Litt der Mann vielleicht unter einer psychischen
       Störung, hat der Anblick der Uniform eine Panikreaktion ausgelöst? Wenn ja,
       war richtig Pech im Spiel: Die Beamtin aus Bremen hatte eigentlich
       dienstfrei, hätte also keineswegs in Uniform reisen müssen. In
       Schleswig-Holstein, so sagte der Leiter der Polizeischule in Plön in einem
       Interview, ist es eigentlich nicht vorgesehen, dass Beamte in der Freizeit
       mit Uniform und Waffe unterwegs sind.
       
       5.6., 14 Uhr, Hinweis der Redaktion: Liebe LeserInnen, uns erreichte viel
       Kritik bezüglich des oben stehenden Artikels. Viele Umstände des Falles
       sind noch immer unklar. Der taz wird nun vorgeworfen, im Artikel würden wir
       Täter und Opfer umkehren. Das war keinesfalls unsere Intention. Vielmehr
       ging es um die Frage, ob der Angreifer auf die Polizistin reagierte und er
       es auf sie abgesehen hatte, nur weil er sie als Polizistin erkannte. Es
       sollte ein Hinweis auf einen möglichen gezielten Gewaltakt sein, dem die
       Polizistin tragischerweise zum Opfer fiel. Keinesfalls wollten wir die Tat
       verharmlosen oder gar billigen.
       
       1 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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