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       # taz.de -- Schüler gegen Politikmüdigkeit: „Es gibt Themen, die uns catchen“
       
       > Der Schüler Carl Exner organisiert an seinem Brandenburger Gymnasium eine
       > Diskussion über Politikverdrossenheit. Mit dabei: die AfD.
       
   IMG Bild: Schule sollte Politik nicht so theoretisch lehren, findet der Elftklässler Carl Exner
       
       taz: Carl, du willst an deiner Schule darüber diskutieren, warum
       Jugendliche sich von den etablierten Parteien oft nicht mehr angesprochen
       fühlen. Juso-Chef Kevin Kühnert kommt zu deinem Podium, die
       Grünen-Bundesvorsitzende Anna-Lena Baerbock auch. Wie hast du die alle zu
       einer Diskussion mit SchülerInnen nach Glienicke gelockt? 
       
       Carl Exner: Ich habe in der neunten Klasse ein Praktikum beim damaligen
       Gesundheitsminister [Hermann Gröhe, CDU, Anm. d. Red.] gemacht. Seitdem
       weiß ich ungefähr, wie man Anfragen so stellt, dass man eine Antwort
       bekommt. Aber es war tatsächlich nicht ganz einfach: Wir haben ja auch die
       AfD eingeladen, Michael Espendiller, einen der Parlamentarischen
       Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Da sind viele erst einmal auf
       Distanz gegangen.
       
       Man soll mit der AfD reden, findest du? 
       
       Das ist die Partei, die viel Frust kanalisiert – auch wenn die Sorgen
       vielleicht oft nicht rational begründet sind, sondern nur irgendwie
       gefühlt. Was aber die AfD wiederum auch für sich nutzt. Ja, deshalb glaube
       ich, dass man das Gespräch suchen sollte, auch wenn man die AfD nicht mag.
       Leider haben diese Partei bei der letzten Bundestagswahl nun einmal zwölf
       Prozent der Menschen gewählt. Hier in Oberhavel war sie fast gleichauf mit
       der SPD.
       
       Was genau ist das denn für ein „Frust“, der dir auch unter deinen
       MitschülerInnen begegnet, wie du in der Einladung zur Podiumsdiskussion
       schreibst? 
       
       Das Thema Flüchtlinge zum Beispiel. Meine Schule liegt in einem
       wohlhabenden Stadtteil, das ist hier eher die politische Mitte. Und ich
       würde sagen, an meiner Schule gilt die AfD als unwählbar. Aber die Themen,
       die sie setzen, sind dann irgendwie doch anschlussfähig. Als hier
       Flüchtlinge in der Nähe untergebracht wurden und wir deshalb in eine andere
       Turnhalle ausweichen mussten, hat das einige meiner Mitschüler gestört. Was
       ich vor der letzten Bundestagswahl auch immer wieder gehört habe: Es macht
       doch eh keinen Unterschied, ob ich jetzt CDU oder SPD wähle, die wollen
       doch das Gleiche.
       
       Ihr redet in der Pause wirklich über die Wahlprogramme, beispielsweise von
       CDU und SPD? 
       
       Nee, wir reden über die nächste Party und übers Wochenende. Aber es gibt so
       Themen, die catchen uns auch: soziale Ungleichheit, die Flüchtlingskrise.
       Mit den Wahlprogrammen haben wir uns im Politikunterricht beschäftigt, da
       ging es dann um so Dinge wie Baukindergeld, oder wer den Solizuschlag wie
       abschaffen will. Darüber zu diskutieren reißt die meisten aber nicht gerade
       mit.
       
       Wie könnte man euch denn mitreißen? 
       
       Schule sollte Politik nicht so theoretisch lehren. Wir sprechen im
       Politikunterricht viel über europäische Institutionen, warum Demokratie
       wichtig für uns ist, wie eine Bundestagswahl funktioniert. Das ist auch
       wichtig, bringt einem diese Dinge aber nicht als Herzensthema näher. Ich
       glaube auch: Wenn wir merken würden, da brennt einer von den Politikern so
       richtig für sein Thema, das würde uns beeindrucken. Aber vielleicht schafft
       das ja jetzt Kevin Kühnert.
       
       Und du wirst später Berufspolitiker und machst es besser? Oder wirst
       Politiklehrer? 
       
       Lehrer werde ich nicht, das steht fest.
       
       28 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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