URI: 
       # taz.de -- Russlandpolitik der SPD: Druschba, Genossen!
       
       > Kurzzeitig zeichnete sich in der SPD Streit über die Russlandpolitik an.
       > Doch dann lud der Parteivorstand Außenminister Maas zum Gespräch.
       
   IMG Bild: War nach Moskau geflogen: Außenminister Heiko Maas
       
       BERLIN taz | Falken gegen Tauben, Anhänger harter Sanktionen gegen
       Willy-Brandt-Fans – in der SPD schien sich in den letzten Woche eine
       scharfe Auseinandersetzung über die Russlandpolitik zu entwickeln. Den
       Anstoß gab Außenminister Heiko Maas, der zuvor im Justizressort nicht durch
       Putin-Kritik aufgefallen war. Er bescheinigte Moskau „Aggression“ in der
       Ukraine und „zunehmend feindseliges“ Verhalten. Das Echo in der Partei war
       negativ, auch weil dies niemand von Maas erwartet hatte.
       
       Vor allem die SPD in Ostdeutschland war irritiert. Manuela Schwesig und
       Dietmar Woidke, die in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg regieren,
       bekundeten Sympathien für eine Lockerung der EU-Sanktionen. Die ostdeutsche
       Wirtschaft leidet unter den Handelsbeschränkungen. Zudem ist im Osten eine
       harte Politik gegen Russland unpopulärer. Und dass Maas neuer Ton gegenüber
       Russland der SPD zu dem dringend erforderlichen eigenen Profil in der
       Großen Koalition verhilft, ist auch zweifelhaft.
       
       Die Debatte findet in einer nervösen internationalen Lage statt. Seit Trump
       Handelskriege anzettelt, das Klima- und Iranabkommen in die Luft jagt,
       zerbröckelt der Westen als politischer Akteur. Rückt Berlin nun näher an
       Moskau? Ist Maas’ scharfe Tonart als Versuch zu deuten, diese Annäherung zu
       verzögern?
       
       Die Debatte spielt nicht im luftleeren Raum. Die EU-Sanktionsmaßnahmen
       gegen Russland müssen regelmäßig erneuert werden, demnächst am 31. Juli.
       Und zwar: einstimmig. Die Putin-freundliche Rechtsregierung in Wien oder
       die bulgarische Regierung könnte sich durch die SPD-Diskussion ermutigt
       fühlen, mit einem Einspruch gegen die Verlängerung der Sanktionen Ernst
       zu machen, zumal diese politisch bisher, auch bei wohlwollender
       Betrachtung, nicht viel genutzt haben.
       
       ## Rhetorische Abrüstung
       
       Doch nun herrscht in der SPD wieder eitel Sonnenschein, jedenfalls wenn man
       Generalsekretär Lars Klingbeil glaubt. Montag früh debattierte der
       SPD-Parteivorstand eine Stunde mit Außenminister Maas. Ergebnis: „Wir
       wollen den Dialog mit Russland verstärken“, so Klingbeil.
       
       Für rhetorische Abrüstung im innersozialdemokatischen Ringen sorgte schon
       Maas Visite in Moskau. Dort hatte der Außenminister kürzlich eine
       verbindlichere Tonart angeschlagen und sich für die Wiederbelebung des
       Nato-Russland-Rates und des Normandie-Formats starkgemacht – einer Runde
       mit Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine. Mit Russland reden –
       das kommt in der SPD flügelübergreifend immer gut an.
       
       Die Diskussion im Parteivorstand verlief, wie Klingbeil mehrfach betonte,
       „solidarisch“. Der Krach blieb aus. Offenbar gaben sich die GenossInnen
       eine Stunde gegenseitig recht.
       
       In der Sanktionsfrage bleibt alles, wie es ist. Maas’ Vorgänger Sigmar
       Gabriel hatte immer mal wieder die Möglichkeit ins Spiel gebracht, die
       Sanktionen stückweise aufzuheben – also Deeskalationen in der Ostukraine
       durch Moskau zu belohnen. Skeptiker wandten ein, dass Sanktionen, die außer
       Kraft gesetzt wurden, nicht mehr erneuert würden, selbst wenn Moskau später
       in der Ostukraine wieder Öl ins Feuer gießen sollte.
       
       Auch Ost-Landeschefs wie Woidke und Schwesig werden zwar immer wieder mit
       der Forderung zitiert, dass die EU die Sanktionen lockern soll – doch bei
       konkreten Forderungen, wie gebau das passieren soll, bleiben sie stets
       vage. Jetzt scheint man sich in der SPD wieder einig zu sein. Die
       Sanktionen der EU werden erst beendet, wenn Moskau „das Minsker Abkommen
       vollständig umsetzt“, so Klingbeil auf Nachfrage. Die neue Linie ist die
       alte: Dialog und Härte.
       
       29 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
   DIR Russland
   DIR Heiko Maas
   DIR SPD
   DIR Außenpolitik
   DIR Russland
   DIR Ukraine
   DIR China
   DIR Russland
   DIR Baltikum
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar EU-Beziehungen zu Russland: Keine Missionare, bitte!
       
       Wie können die Chancen für eine Demokratisierung Russlands steigen? Wenn
       das Land nicht an westlichen Normen gemessen wird.
       
   DIR Russischer Journalist in Kiew ermordet: Tödliche Schüsse auf Babtschenko
       
       Putin-Kritiker Arkadi Babtschenko wurde vor seiner Wohnung abgepasst. Sein
       Tod reiht sich in eine Serie von Morden an Journalisten in der Ukraine.
       
   DIR Deutsche Außenpolitik: Im Spagat zwischen USA und China
       
       Merkel in China, Maas in den USA: Die Außenpoltik der Bundesregierung
       zeigt, dass Deutschland in der Zwickmühle steckt.
       
   DIR „Schwarze Liste“ bei Fußball-WM: Seppelt darf nun doch nach Russland
       
       Der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt soll nun doch ein Visum zur
       Fußball-Weltmeisterschaft in Russland bekommen. Die dortige Justiz will ihn
       vernehmen.
       
   DIR Außenminister Maas in Litauen: Bundeswehr bleibt im Baltikum
       
       Außenminisiter Maas wurde im Baltikum als Verbündeter empfangen. An der
       Stationierung der Bundeswehr hält er fest, doch die Wünsche sind größer.