# taz.de -- Datenhändler im Netz sollen zahlen: Merkel will die Datensteuer
> Die Kanzlerin möchte eine Reform vorantreiben, um mehr Abgaben von
> IT-Konzernen an den Fiskus einzutreiben. Wissenschaftler sind skeptisch.
IMG Bild: Schluss soll sein mit der Gratisnutzung der Benutzerdaten
Ich gebe dir meinen Namen, mein Geburtsdatum und sage dir, welche Musik ich
am liebsten höre. Dafür darf ich deine Dienste nutzen. Zum Beispiel meinen
Freunden Nachrichten schreiben oder bei dir einkaufen gehen. Der Deal
zwischen Verbraucher*innen und Internetkonzernen ist klar.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) findet diesen Deal aber mehr als
ungerecht. Ihr Vorschlag: eine Datensteuer. „Die Bepreisung von Daten,
besonders die der Konsumenten, ist aus meiner Sicht das zentrale
Gerechtigkeitsproblem der Zukunft“, sagt die Kanzlerin. Schließlich geben
die einen gratis private Informationen preis, die anderen verdienen daran
kräftig.
Die Äußerungen Merkels bei einer Konferenz in Berlin lassen Wissenschaftler
aufhorchen. „Wir dürfen nicht unsere Daten weggeben und dann nichts dafür
bekommen“, sagt Axel Metzger, Gründungsdirektor des Weizenbaum Instituts in
Berlin. Die Einrichtung erforscht wirtschaftliche, ethische, politische
oder soziale Aspekte der Daten- und Internetnutzung. Er ist klar für mehr
Selbstbestimmung und mehr Einfluss der Nutzer*innen, wenn sie Informationen
im Netz preisgeben. „Wir brauchen eine stärkere Teilhabe aller an der
Auswertung der Daten“, sagt Metzger.
Eine steuerliche Reform sieht der Wissenschaftler allerdings skeptisch. An
welchem Wert orientiert sich eine solche Steuer? Und wohin fließt überhaupt
das Geld? „Es wäre sinnvoller, die Verbraucher besser aufzuklären, als neue
Abgaben zu erheben“, sagt er. Beim Thema Datenschutz würden die
Verbraucher*innen immer noch abschalten.
## Das größere Problem ist die Steuerflucht
Seitenlange, komplizierte Erklärungen und Geschäftsbedingungen liest kaum
einer. Metzger fordert stattdessen eine Art Datenschutzsiegel, damit die
Verbraucher*innen sofort verstehen, wie stark ihre Daten bei der Nutzung
einer speziellen Dienstleistung geschützt sind, ähnlich wie bei der
Einstufung zum Energieverbrauch eines Kühlschranks.
Das weitaus größere Problem ist die Steuerflucht, die IT-Giganten wie
Facebook, Apple, Google oder auch Amazon betreiben. Auch dagegen will
Merkel vorgehen. Derzeit diskutiert die EU-Kommission einen Vorschlag, um
von den Konzernen mehr Steuern zu bekommen. Eine gemeinsame Linie der
EU-Staaten dazu gibt es allerdings noch nicht.
Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
befürwortet eine solche Digitalsteuer. „Die Umsetzung ist aber nicht
einfach, weil die internationalen Besteuerungsregeln erneuert werden
müssen, etwa durch sogenannte digitale Betriebsstätten oder internationale
Gewinnaufteilungen“, sagt er. Von einer alternativen Besteuerung des
Datenhandels hält Bach dagegen nichts.
Die Debatte um eine Bitsteuer, also um Steuer auf die übertragenen
Datenmengen, hat es bereits in den 1990er Jahren gegeben, zu Zeiten, als
das World Wide Web sich gerade rasant entwickelte. Aber: „Daten zu
besteuern ist zu einfach, das ist Tonnenideologie, das löst wirtschaftliche
Verzerrungen aus und behindert den Fortschritt“, sagt er. „Moderner
Kapitalismus und moderner Steuerstaat sind wie zwei ungleiche Geschwister.
Sie mögen sich nicht, sie hassen sich sogar mitunter, sie sind aber
aufeinander angewiesen.“ Das bestehende Steuersystem lasse sich
grundsätzlich auf digitale Geschäftsmodelle übertragen.
29 May 2018
## AUTOREN
DIR Tanja Tricarico
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