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       # taz.de -- Kolumne Cannes Cannes: Glamour, Pathos und Kunstblut
       
       > Disney lässt für die „Solo: A Star Wars Story“-Party ein großes Feuerwerk
       > springen. Und Regisseur Lars von Trier zitiert sich selbst.
       
   IMG Bild: Freundlich lächeln kann Alden Ehrenreich gut. Die Kolleg*innen Emilia Clarke und Chewbacca aber auch
       
       Endlich ein bisschen was Glamouröses! Im Anschluss an die Galapremiere von
       „Solo: A Star Wars Story“ am Dienstagabend hatte Disney zur Party am Strand
       der Croisette geladen.
       
       Nachdem man eine gefühlte Stunde vor der gestrengen Einlasskontrolle
       gewartet hatte, bekam man drinnen zur Belohnung ein Feuerwerk über dem Meer
       kredenzt, das die optischen Reize des zu feiernden Films locker in den
       Schatten stellte. Riesenhafte Kugeln wechselten mit punktgenauen
       Lichtstrahlraketen oder Goldregen gigantomanischen Ausmaßes ab. Dazu, was
       sonst, vom Wasser her „Star Wars“-Marschmusik.
       
       „Solo“ selbst, der vom Werdegang des jungen Han Solo erzählt, war solide
       Unterhaltung mit einigen Momenten der Langeweile. Einer der Gründe dafür
       ist der angenehm nichtssagende Hauptdarsteller Alden Ehrenreich, der sehr
       freundlich zu lächeln versteht.
       
       Bisher wurde ja noch nicht so viel gebuht in diesem Jahrgang.
       Wahrscheinlich, weil es im Wettbewerb so weit kaum Ausfälle gab, von Eva
       Hussons französischem Kriegsdrama „Girls of the Sun“ einmal abgesehen, das
       die eigentlich relevante und bewegende Geschichte um kurdische Soldatinnen,
       die im Irak den IS bekämpfen, in kitschigem Pathos ertränkt hatte und damit
       bei der Pressevorführung erste Protestrufe provoziert.
       
       Mord-als-schöne-Kunst-des-Monologisierens 
       
       Lauter wurden die Stimmen bei Lars von Triers außer Konkurrenz gezeigtem
       Göttliche-Komödie-Splatter „The House That Jack Built“. Wenn man so möchte,
       ist dies nach Godards „Le livre d’image“ der zweite Essayfilm im
       Hauptprogramm, allerdings kann von Trier es nicht ganz mit dem
       französischen Kollegen aufnehmen.
       
       Matt Dillon ist zweieinhalb Stunden als Jack zu beobachten, wie er Frauen
       und später noch Männer mit heftiger Brutalität ins Jenseits befördert.
       Dazwischen hat von Trier Reflexionen über die Kunst eingestreut, mit einer
       Diashow von projizierten Gemälden zur Illustration. Mehr noch geht es ihm
       aber um seine eigenen Filme, die er an einer Stelle sogar direkt zitiert.
       
       Der Film ist in erster Linie ein Gespräch aus dem Off: Jack erzählt seine
       Geschichte, während der lange Zeit unsichtbare Verge (Bruno Ganz) Fragen
       stellt, um zu verstehen, was Jack mit seinem
       Mord-als-schöne-Kunst-des-Monologisierens bezweckt.
       
       Verge, stellt sich heraus, ist kein Geringerer als Vergil, und geleitet den
       Dante-Jack durch ein paar Kreise der Hölle, bevor er ihn seinem Schicksal
       überlässt, nicht ohne ein paar schön farbig-verrückte Bilder des Infernos
       aufzubieten. Das ist krude, größenwahnsinnig – zu Hitler und den
       Konzentrationslagern hat dieser Jack selbstverständlich auch etwas zu sagen
       –, und am Ende fühlt man sich nicht einmal erlöst, wenn es vorbei ist. So
       etwas kann von Trier gut. Hier kann er vor allem mit Kunstblut langweilen.
       
       Ermüdend, doch nicht langweilig: Stéphane Brisés Gewerkschaftsdrama „En
       guerre“ im Wettbewerb. Der Kampf der Belegschaft einer Fabrik gegen die
       Schließung ihres Standorts, angeführt vom wortgewandten Gewerkschafter
       Laurent, wird von Brisé als Kriegsfilm inszeniert. Wortgefechte statt
       Waffenfeuer, dazu Geländegewinne, Strategiewechsel, bröckelnde Fronten.
       Starker Film.
       
       17 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
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