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       # taz.de -- Politische Krise in Nicaragua: „Hier wird Ihr Abgang verhandelt“
       
       > Beim öffentlichen Dialog forderten Studenten Nicaraguas Präsident Daniel
       > Ortega zum Rücktritt auf. Der war zwar anwesend und machte kein gute
       > Figur.
       
   IMG Bild: Wie eine Karikatur ihrer selbst: Präsident Daniel Ortega mit seiner Vizepräsidentin und Ehefrau Rosario Murillo
       
       Wien taz | „Das ist kein Dialogtisch, sondern ein Tisch, an dem Ihr Abgang
       verhandelt wird.“ Der Student Lesther Alemán wurde zum Star des Tages, als
       er Nicaraguas Präsident Daniel Ortega die Position der Protestbewegung
       entgegenschleuderte. Der Nationale Dialog, der am Mittwoch in Managua
       begann, war in der Tat kein Diskussionsforum, sondern eine Abfolge von
       Monologen, bei der Ortega nach Meinung von Teilnehmern keine gute Figur
       machte.
       
       Ortega, der mit seinem Auftritt Gerüchten entgegentrat, er sei nach Kuba
       geflohen oder gar gestorben, wirkte müde und gealtert. Seine Ehefrau,
       Vizepräsidentin Rosario Murillo, an jedem Finger fünf Ringe und auch sonst
       äußerlich schrill wie immer, erschien wie die Karikatur ihrer selbst.
       „Erstmals seit seinem Amtsantritt 2007“, so die oppositionelle Tageszeitung
       La Prensa, „musste sich Ortega einem Auditorium stellen, das nicht vom
       Propagandaapparat seiner Frau und Vizepräsidentin kontrolliert war.“
       
       Die Bischofskonferenz und der Unternehmerverband hatten darauf bestanden,
       dass auch die rebellische Zivilgesellschaft in Gestalt von Studenten,
       Intellektuellen und Bauern eingeladen werde. Seit dem 18. April haben
       Proteste gegen die Regierung über 50 Todesopfer und eine hohe Zahl an
       Verletzten gefordert. Die meisten durch Schüsse der Polizei und Prügel
       regierungstreuer Schlägertrupps, wie Menschenrechtsorganisationen
       dokumentiert haben.
       
       „Wir haben die Toten und Verschwundenen gestellt“, sagte Lesther Alemán an
       Ortega und Murillo gerichtet. „Ergebt euch dem Volke!“ In den ersten Tagen
       hatte man zahlreiche Vermisste gemeldet, die in den Gefängnissen vermutet
       wurden. „Wir werden beweisen, dass es keine Verschwundenen und nicht einen
       Gefangenen gibt“, sagte Ortega: „Alle wurden bereits freigelassen.“ Die
       Todesopfer bedauerte er, allerdings sei die Polizei Opfer einer Kampagne
       geworden. „Sie hat den Befehl, nicht zu schießen.“
       
       ## Regierung um Ortega und Murillo zunehmend isoliert
       
       Noch am Vortag hatte es allerdings Tote und Verletzte in den Städten
       Matagalpa und Sébaco gegeben. In Sébaco und der Provinzstadt Juigalpa
       hatten sich katholische Bischöfe und Priester schützend vor Demonstranten
       gestellt, um die Polizei von weiterer Repression abzuhalten. Die
       Videoaufnahmen, die davon in den sozialen Medien zirkulieren, tragen zur
       weiteren Isolierung des Regimes bei.
       
       Wenn der Dialog am Freitag in die zweite Runde geht, wird man sehen, ob die
       Verhandlungspartner einander näher kommen oder weiter unvereinbare
       Positionen austauschen.
       
       17 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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