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       # taz.de -- Das Aufbäumen blieb diesmal aus
       
       > Die Eintracht Braunschweig, einst Aspirant für den Aufstieg in die
       > Bundesliga, steigt nun in die dritte Liga ab. Schuld daran ist eine
       > fortschreitende Entfremdung zwischen Vereinsführung und Fans
       
       Von Axel Klingenberg
       
       Das ist hart für die Fans der Braunschweiger Eintracht: Statt gegen den
       Hamburger Sportverein werden die Niedersachsen in der nächsten Saison gegen
       Mannschaften wie Sonnenhof Großaspach spielen müssen. Und bei einem
       Auswärtsspiel wird nicht mehr ein Ausflug zum FC St. Pauli winken, sondern
       eine heimelige Landpartie bei den Sportfreunden Lotte.
       
       Mit dem Abstieg in die 3. Liga geht eine Ära zu Ende. Denn der sportliche
       Niedergang des Vereins, der noch zu Saisonbeginn als heißer
       Aufstiegsaspirant in die 2. Fußball-Bundesliga galt, bedeutet auch die
       Trennung von Torsten Lieberknecht, der fast auf den Tag genau zehn Jahre
       Trainer der Mannschaft war – eine wirklich lange Zeit im schnelllebigen
       Profi-Fußball. Die Geschichte, wie Lieberknecht den Verein vor dem Absturz
       in die Viertklassigkeit und damit vor der fußballerischen
       Bedeutungslosigkeit bewahrt hat, ist schon so oft erzählt worden, dass
       diese leise und wehmütige Erinnerung daran genügen soll.
       
       Interessanter ist es, einen Blick darauf zu werfen, was in der letzten Zeit
       bei den Blau-Gelben eigentlich schief lief. So versuchte die Eintracht in
       den vergangenen Jahren durchaus mit Erfolg, sich als Ausbildungsverein zu
       profilieren. Das bedeutete jedoch auch, dass alle guten Nachwuchsspieler
       beim ersten Anzeichen von überdurchschnittlichem Talent sofort verkauft
       wurden. Das Ergebnis war, dass die Kasse des Vereins voll war, aber
       irgendwann keine individuelle Qualität mehr auf dem Platz zu erkennen war.
       
       Der zweite Grund für den Niedergang der Mannschaft war der Konflikt mit dem
       (sanges-)mächtigen Block 9, den der Deutsche Fußballbund wegen unerlaubten
       Böllerns und Auf-den-Platz-Stürmens sperren ließ. Das wiederum führte dazu,
       dass viele Harcdcore-Fans aus der Ultra-Szene der Mannschaft mehrere Spiele
       lang den Support verweigerten.
       
       Dieser Stimmungsboykott kann als ein echter Beweis für die Bedeutung der
       Fans auch genannt werden: Die Eintracht war nämlich eigentlich immer eine
       heimstarke Mannschaft. Nur in dieser Saison schwächelte sie und produzierte
       statt knapper Siege reihenweise klägliche Unentschieden. Das Aufbäumen im
       letzten Viertel eines Spiels, in dem früher oft doch noch der Ball in das
       gegnerische Tor gedrückt worden war, fehlte in dieser Saison. Nicht einmal
       der Mini-Bullterrier des norddeutschen Fußballs, Mirko Boland, vermochte es
       in dieser Saison, seine Teamkameraden mitzureißen.
       
       ## Kein Versehen
       
       Eintracht Braunschweig war in dieser Saison keine geschlossene Mannschaft,
       sondern eine unkoordinierte Ansammlung mittelmäßiger Einzelspieler. Auch
       Trainer Lieberknecht mag mit seinen zum Teil originellen
       Mannschaftsaufstellungen eine Teilschuld an der schlechten Saison haben.
       Als Entschuldigung für das miserable Abschneiden der Eintracht wird
       natürlich auch gern die Tatsache herangezogen, dass das Feld in der 2. Liga
       in dieser Saison extrem dicht beisammen lag.
       
       Falsch wäre es jedoch, nun einfach anzunehmen, dass der Abstieg also doch
       bloß ein Versehen ist. Die eigentliche Ursache ist vielmehr darin zu
       suchen, dass sich Fans und Vereinsführung voneinander entfernt haben.
       Finden sie wieder zusammen, wird die Eintracht auch wieder sportliche
       Durststrecken überstehen und über den Kampf zum Sieg kommen – so viel
       Klischee muss an dieser Stelle erlaubt sein.
       
       19 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Axel Klingenberg
       
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