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       # taz.de -- Kommentar Karneval der Kulturen: Caipirinha ist die Politparole der Zeit
       
       > Das Multikulti-Volksfest ist die größte Manifestation des gegenwärtigen
       > Deutschlands. Und genau das richtige Statement gegen die rechtspopelige
       > AfD.
       
   IMG Bild: Tanze Samba mit mir! Tänzerinnen beim Karneval der Kulturen am Sonntag
       
       Ja, man kann das blöd finden. Die Massen ziehen am Pfingstsonntag trinkend
       durch die Straßen und tanzen irgendwelchen Grooves hinterher, Ballermann a
       la Berlin. Und der unbeteiligte Anwohner steht meckernd im Stau bei
       schönstem Sonnenwetter. Auch das ist der Karneval der Kulturen in Berlin.
       Ein Volksfest, bei dem selbst viele Linke sich wegen seiner angeblichen
       Popeligkeit die Nase rümpfen.
       
       Besser aber wäre gewesen: Einfach mal hingehen!
       
       Denn der Karneval der Kulturen ist offensichtlich die größte Manifestation
       eines gegenwärtigen Deutschlands. Der Beweis, dass es geht. Dass
       Hunderttausende sich daran erfreuen können, dass der Nächste rechts oder
       links, vorne oder hinten, auf der anderen Straßenseite oder im Arm anders
       ist, fremd – und genau deswegen ein Gewinn.
       
       Da tanzen BolivianerInnen Samen säend durch die Berliner Straßen und es
       macht gar nichts, dass einige von ihnen befremdlich blond sind. Da winkt
       ein Mann strahlend mit chinesischen und deutschen Fähnchen gleichzeitig. Da
       tanzt ein Mann im arabischen Kaftan wild in einer Gruppe Koreanerinnen.
       
       ## Das Erreichte feiern
       
       Da trägt ein älterer Weißer mit noch weißerem Haar stolz das
       Ankündigungsschild der nächsten Gruppe: „Generation Afrobeat“. Da hüpft
       eine Narrentruppe aus Schwaben mit grotesken Masken durch die Sonne,
       gefolgt von Hardcorepunkbands, der Jubiläumstruppe der Berliner Sparkasse,
       sowie tanzenden Bengalen, die in ihrer Extase alles andere in den Schatten
       stellen.
       
       Und kein Ärger, kein Stress, niemand, der hier wegen seiner Hautfarbe,
       Frisur oder Nasenform Angst haben muss. Stattdessen vollkommen entspannte
       Polizisten am Rande einer machtvollen Demonstration, die offiziell gar
       keine ist, auch keine sein muss, weil sie nichts fordert, weil sie nichts
       erreichen will, sondern nur das Erreichte feiert.
       
       Trunken vor Glück, vielleicht auch nur glücklich betrunken tanzt das Volk
       hinter den wummernden Beats. Es ist ein Fest. Und wenn man tanzen kann, hat
       das immer auch ein wenig was von Revolution. Caipirinha!, lautet der Slogan
       der Masse. Er ist – unbeabsichtigt vielleicht, aber treffend – die
       politischste Parole der Zeit.
       
       Wie politisch wird man spätestens genau eine Woche später sehen. Denn für
       nächsten Sonntag plant die AfD in genau diesem bunten Berlin eine
       Großdemonstration für eine „Zukunft Deutschland“, die das komplette
       Gegenteil der Gegenwart Deutschlands sein soll: Rein, weiß, deutsch.
       
       ## Ausgeschlachtete Sorgen
       
       Die rechtspopelige Partei hat mit ihrer kontinuierlichen Hetze gegen alles
       Fremde mittlerweile so vielen Angst eingejagt, dass selbst ein
       FDP-Vorsitzender glaubt, die Sorgen der Schisser in der Bäckerschlange
       ausschlachten zu müssen. Dabei müsste längst klar sein: wenn sich so viele
       vor Angst in die Hose machen, kommt Braunes bei raus. Und hier wird es
       tatsächlich höchste Zeit, die Nase zu rümpfen.
       
       Oder zu tanzen. Denn schon mobilisieren unter Slogans wie [1][“AfD
       wegbassen]“ [2][Kulturinitiativen] zum [3][Gegenprotest]. Hier darf getanzt
       werden. Und hoffentlich mixt auch jemand gute Caipirinha!
       
       21 May 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Gereon Asmuth
       
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