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       # taz.de -- Bremen macht neue Schulden: Schon wieder pleite
       
       > Haste mal 251 Millionen Euro? Die private Jacobs-Uni und der öffentliche
       > Klinikverbund Gesundheit Nord zwingen den Bremer Senat, tief in die
       > Tasche zu greifen. Mal wieder.
       
   IMG Bild: Diese schönen Scheiben der Jacobs-Uni gehören zu einem Großteil den Steuerzahler*innen
       
       BREMEN taz | „Das macht keinen Spaß, aber es geht nicht anders“, sagt
       Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). Die Bürgerschaft hat
       vergangenen Donnerstag in erster Lesung den Nachtragshaushalt mit 251
       Millionen Euro an zusätzlichen Ausgaben beschlossen. Das sind zwar keine
       laufenden Kosten, sie belasten daher nicht den Sanierungspfad, aber
       zusätzliche Schulden sind es doch. Verantwortlich für die Nachzahlungen
       sind der Neubau des Krankenhauses Bremen-Mitte und die Jacobs-Uni.
       
       Mit 45,9 Millionen Euro will Bremen einen Kredit übernehmen, den noch die
       Große Koalition im Jahre 2003 der damaligen privaten „International
       University“, eben der heutigen Jacobs-Uni Bremen (JUB), gewährt hatte.
       
       2009, als der inzwischen rot-grüne Bremer Senat die letzte Finanzspritze
       beschloss, war Linnert noch davon ausgegangen, dass dieser Kredit
       vereinbarungsgemäß getilgt würde. Aber die Jacobs-Stiftung hatte den Kredit
       offenbar nie wirklich als solchen verstanden: Die drei Millionen jährlich,
       welche die Jacobs-Uni seit 2012 bekommen hatten, konnte sie intern mit
       Schuldendienst und Tilgung verrechnen.
       
       Im Gegenzug für das erneute Einspringen von Bremen hat die Stiftung nun
       zugesagt, bis 2027 die Defizite der Privat-Uni mit weiteren 100 Millionen
       Euro zu finanzieren. „Einen endgültigen Beschluss der Kreditübernahme wird
       es erst geben, wenn diese Zusage verbindlich ist“, beteuert Linnert
       diesmal.
       
       Den Vorwurf, dass die JUB ein Fass ohne Boden sei, lässt sie nicht gelten –
       denn bis zum Jahre 2027 muss die Uni nun ohne weitere Staatszuschüsse für
       den laufenden Haushalt auskommen. An staatlichen Geldern hat die JUB bisher
       109 Millionen Euro „Startkapital“ im Jahr 2000 und den 50-Millionen-Kredit
       2003 bekommen.
       
       Das Argument, dass eine Insolvenz für Bremen teurer käme als die weitere
       Subventionierung, ist für die Empfänger der Zuwendungen natürlich
       verführerisch. Es gilt gleichermaßen für den zweiten Nutznießer des
       Nachtragshaushaltes, der Gesundheit Nord (Geno), in der die vier kommunalen
       Kliniken Bremens zusammengefasst sind. Insbesondere durch die
       Zentralisierung ist die Geno so groß geworden, dass sie als systemrelevant
       nicht insolvent gehen darf. Im Zweifelsfall muss die Stadt Bremen
       einspringen.
       
       Die Begründung für die aktuelle Finanzlücken bei den laufenden Kosten: Das
       Personal ist aufgestockt worden, aber die Zahl der Patienten nicht so
       gestiegen, wie geplant. 31,1 Millionen Euro fehlen 2018, 33 Millionen im
       Jahr 2019 und eine ähnlich große Summe für 2020. Weniger laut gesagt wird,
       dass im Dezember regelmäßig „abgeschlossene Streitfälle“ mit dem
       Medizinischen Dienst der Krankenkassen die Bilanz verhageln. Zu deutsch:
       Die Geno-Kliniken haben den Krankenkassen Leistungen in Rechnung gestellt,
       welche die Kassen nicht anerkennen. Offenbar wird das regelmäßig in der
       Prognose nicht berücksichtigt.
       
       Der Senat hat in seinem Beschluss zum Nachtragshaushalt festgelegt, dass
       die Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) dem Senat alle sechs
       Monate berichten muss. Groß scheint das Vertrauen nicht zu sein. Aber die
       Senatorin kann ja auch nur die Zahlenwerke weitergeben, die ihr von der
       Geno präsentiert werden.
       
       ## Erhöhte Kosten für Klinik-Neubau
       
       Der Hauptgrund, warum der Nachtragshaushalt in diesem Haushaltsjahr
       besonders groß ist, ist der Neubau des Klinikums Mitte. Beim ersten
       Spatenstich durch den ehemaligen Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) im Jahr
       2011 hieß es, der Neubau werde 230 Millionen Euro kosten und eine Bauzeit
       von drei Jahren haben. Das Land Bremen nehme der Klinik
       Pensionsverpflichtungen über 70 Millionen Euro ab, bürge für den
       Baukostenkredit und halte 50 Millionen Euro bereit, falls der Bau teurer
       wird als geplant. Offiziell werden die Baukosten inzwischen mit 380
       Millionen Euro beziffert – die Kosten des noch immer bevorstehenden Umzugs
       sind da noch nicht eingerechnet.
       
       Ab Januar, so der aktuelle Stand, sollen die Abteilungen schrittweise in
       den Neubau einziehen. Ursprünglich sollten die Kliniken aus Einsparungen
       aufgrund einer rationaleren Organisation im Neubau die Investitionen selbst
       finanzieren. Davon ist inzwischen jedoch keine Rede mehr: Das Eigenkapital
       der Geno wird in 2018 um 83,5 Millionen Euro aufgestockt, in 2019 nochmals
       um 57,2 Millionen – weil die Kreditverschuldung steigt. Zur Auflage bekommt
       die Geno, ein neues „Zukunftskonzept“ vorzulegen, das dieses Mal bis zum
       Jahr 2025 reichen solle. Das letzte Zukunftskonzept ist offenkundig nicht
       aufgegangen.
       
       4 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Wolschner
       
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