URI: 
       # taz.de -- Abschiebung von Flüchtling in Göttingen: Aktivisten blockierten Polizeigebäude
       
       > Demonstranten versuchten die Abschiebung eines Flüchtlings zu verhindern.
       > Der Fußballer aus Simbabwe sollte nach Norwegen gebracht werden.
       
   IMG Bild: Flüchtlingsheim Siekhöhe: In der ehemaligen Lagerhalle im Göttinger Stadtteil Grone können bis zu 200 Flüchtlinge untergebracht werden
       
       Göttingen taz | Aus Protest gegen die Abschiebung eines Afrikaners haben
       rund 120 Flüchtlinge und ihre Unterstützer über mehrere Stunden vor der
       Polizeiwache in Göttingen demonstriert und das Gebäude zeitweise blockiert.
       Die Aktion begann am Donnerstagnachmittag und dauerte bis in den späten
       Abend. Als die Polizei das Grundstück, den daran vorbei führenden Gehsteig
       und einen Grünstreifen räumte, gab es Rangeleien und Festnahmen.
       
       Polizeibeamte hatten Donnerstagmittag einen 33-jährigen Mann aus Simbabwe
       aus einer Flüchtlingsunterkunft im Göttinger Gewerbegebiet geholt, aufs
       Revier gebracht und in Abschiebehaft genommen. Er sollte ins
       Abschiebegefängnis Hannover-Langenhagen gebracht und von dort nach Norwegen
       abgeschoben werden, das nach den Dublin-Abkommen als Ersteinreiseland für
       seinen Asylantrag zuständig ist. Anträge, die Abschiebung auszusetzen,
       waren von Gerichten abgelehnt worden. Willard G. – so der Name des Mannes –
       hatte in seinem Heimatland als Profi für die Fußballmannschaft „Triangle
       United“ gespielt.
       
       In Göttingen kickte er im Verein SC Hainberg. Er absolvierte einen
       Trainerkurs des Niedersächsischen Fußballverbandes und war auch schon als
       D-Jugendtrainer für den Göttinger Club tätig. Die vergangenen sieben Monate
       lebte er in einer Sammelunterkunft, die unter anderem wegen der abseitigen
       Lage seit langem schon in der Kritik steht.
       
       Unmittelbar nach der Inhaftierung von G. setzten Unterstützer die
       telefonische Alarmkette in Gang. Bis zu 130 überwiegend junge Leute
       versammelten sich vor dem an einer Ausfallstraße gelegenen Polizeirevier
       und forderten auf Transparenten und in Sprechchören die Freilassung des
       Betroffenen. „Rechtsstaat? Menschlichkeit? Deutschland!“, stand auf einem
       schnell gemalten Plakat. „Solidarity for alle“, hieß es auf einem anderen.
       
       Während Beamte die Demonstranten vom Gelände drängten, versperrten andere
       Abschiebegegner die rückwärtige Zufahrt mit einer Sitzblockade und das Tor
       mit einem Fahrradschloss. Am Abend seien die Beamten dann ruppiger
       vorgegangen, sagte eine Sprecherin des Göttinger Bündnisses gegen
       Abschiebungen. Sie hätten die sich friedlich verhaltenden Demonstrierenden
       wiederholt attackiert. Nach Angaben der Polizei wurden vier Personen in
       Gewahrsam genommen. Ihnen drohen nun Verfahren wegen Widerstandes gegen
       Vollstreckungsbeamte.
       
       ## Auf dem Weg nach Norwegen
       
       Die Abschiebung von Willard G. konnten die Unterstützer nicht verhindern.
       Er verbrachte die Nacht in einer Arrestzelle der Polizei. Freitagvormittag
       befand er sich nach Angaben einer Sprecherin der Stadt Göttingen auf dem
       Weg nach Norwegen.
       
       In den vergangenen Jahren hatten Aktivisten in Göttingen immer wieder
       Abschiebungen durch Blockaden verhindert, teilweise kam es dabei zu
       massiven Polizeieinsätzen mit Schlagstöcken, Hunden und Pfefferspray. Die
       Aktion vom Donnerstag zeige erneut, „dass ziviler Ungehorsam ein geeignetes
       und notwendiges Mittel ist“, um auf Abschiebungen aufmerksam zu machen und
       „die inhumane Tätigkeit der Behörden ans Licht der Öffentlichkeit zu
       zerren“, erklärte das Bündnis. „Wir werden uns auch in Zukunft derartigen
       Maßnahmen entschlossen entgegenstellen und freuen uns, dass es dafür in
       Göttingen eine breite Unterstützung gibt.“
       
       25 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Göttingen
   DIR Abschiebung
   DIR Unterbringung von Geflüchteten
   DIR Abschiebung
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Dublin-System
   DIR Asylpolitik
   DIR Abschiebung
   DIR Ellwangen
   DIR Ellwangen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Abschiebung im Flugzeug verhindern: Versuch gescheitert
       
       In Helsinki versucht eine weitere Frau, durch eine Abflugblockade eine
       Zwangsabschiebung zu verhindern. Doch die Polizei führt sie ab.
       
   DIR Nach dramatischem Abschiebungsversuch: Autistischer 7-Jähriger darf bleiben
       
       Die Abschiebung eines palästinensischen Vaters und seines autistischen
       Sohnes konnte abgewendet werden. Zumindest vorerst.
       
   DIR Asyl-Urteil des EuGH: EU-Staaten brauchen Einwilligung
       
       Ein Flüchtling beantragt in Deutschland Asyl und reist weiter. Die
       ausländischen Behörden wollen ihn zurückschicken. Dafür muss Deutschland
       zustimmen.
       
   DIR Abschiebung in Bayern gescheitert: Schwangere wehrt sich erfolgreich
       
       Eine Frau aus Sierra Leone ist im 8. Monat schwanger. Trotzdem sollte sie
       am Münchner Flughafen abgeschoben werden. Das konnte sie verhindern.
       
   DIR Wie Samar S. in der Illegalität landete: Verliebt, verlobt, versteckt
       
       Osnabrück will einen abgelehnten Asylbewerber nach Pakistan abschieben. Der
       Mann ist mit einer Deutschen verlobt und hat einen Ausbildungsvertrag in
       der Tasche.
       
   DIR Nach Polizeieinsatz in Unterkunft: Togoer aus Ellwangen abgeschoben
       
       Der 23-Jährige saß seit dem Polizeieinsatz in der Asylunterkunft Anfang Mai
       in Abschiebehaft. Nun wurde er nach Italien ausgeflogen.
       
   DIR Der Fall Ellwangen: Togoer dürfte sofort erneut einreisen
       
       Der 23-Jährige versucht alles, um in Deutschland zu bleiben. Doch
       Rechtsmittel seien ausgereizt, heißt es. Eine Möglichkeit der Rückkehr
       könnte es aber noch geben.