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       # taz.de -- Nigerias Start-up-Szene wächst: Yabacon Valley statt Silicon Valley
       
       > Lagos ist inzwischen einer der wichtigsten Tech-Hub-Standorte südlich der
       > Sahara. Die besten Geschäftsideen lösen ganz alltägliche Probleme.
       
   IMG Bild: Start-ups in Nigeria: Geld für gute Ideen gesucht
       
       Lagos taz | Auf der Dachterrasse eines sechsstöckigen Gebäudes in der
       nigerianischen Metropole Lagos stehen Plastikstühle. Ein paar Besucher
       unterhalten sich. Das Gebäude liegt mitten in Yaba, einem Viertel, das
       Schnittstelle zwischen den Inseln und dem Festland ist, wo viele Bewohner
       zwar nicht arm, aber auch keinesfalls reich sind. Hier hat Yabacon Valley –
       dahinter verbirgt sich Nigerias Internet-Start-up-Szene – seinen Ursprung.
       2011 gründete sich mit dem Co-Creation Hub (CcHUB) das erste
       Technologie-Hub des Landes. Spätestens fünf Jahre später wurde es
       international bekannt, als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg es besuchte.
       
       „Der Einfluss war massiv“, erinnert sich Adewale Yusuf, Herausgeber des
       Blogs techpoint.ng, an Zuckerbergs Besuch. „An dem Tag hatten wir fast eine
       Million Klicks auf unserer Plattform. Jeder wollte wissen, warum er kam,
       einer der reichsten Männer der Welt.“ Wenn Yusuf, der regelmäßig in das
       CcHUB kommt, darüber spricht, gerät er ins Schwärmen. „Das hat Bewusstsein
       geschaffen. Es war bahnbrechend.“ Erneute internationale Aufmerksamkeit
       bekommen hat die Szene Ende März, als Google das erste „Launchpad“ in
       Afrika eröffnet hat. Drei Monate lang fördert es nun zwölf afrikanische
       Start-ups, die vor allem Finanzdienste anbieten, sich aber auch in der
       Unterhaltungsbranche etablieren wollen.
       
       Lagos gilt nach Johannesburg und Nairobi als drittwichtigster
       Tech-Hub-Standort südlich der Sahara. Begonnen hat die Entwicklung mit
       elektronischem Warenhandel, so Blogger Yusuf. Ab 2012 boten Jumia und Konga
       plötzlich die Möglichkeit des Online-Einkaufs an – eine absolute Neuerung
       in Afrikas einwohnerstärkstem Land. Darüber hinaus gab es praktische
       Überlegungen, sagt Damilola Teidi, die im CcHUB die Incubation Unit leitet:
       „Zuerst wurde für Menschen vor Ort entwickelt, damit ihre Probleme mithilfe
       von Technologie gelöst werden können.“ Viele Ideen spiegeln die
       alltäglichen Herausforderungen in Nigeria wider.
       
       So entstand LifeBank Nigeria. „Die Gründerin ist die Schnittstelle zwischen
       Blutbanken und Krankenhäusern“, so Damilola Teidi. Wird etwa nach einem
       Unfall oder bei einer Operation Blut benötigt, dann stellt
       LifeBank-Gründerin Temie Giwa-Tubosun sicher, dass das Krankenhaus einen
       passenden Spender findet, und organisiert den Bluttransport dorthin. „Sie
       löst so ein lokales Problem.“ Wichtig ist aber noch etwas anderes. Die
       Phase der Seed-Finanzierung (Frühfinanzierung) schloss LifeBank Nigeria
       mit einem Plus von 200.000 US-Dollar ab. Damit, sagt Teidi, könne das
       Geschäft auf andere Bundesstaaten ausgeweitet werden. Es wächst und kann
       nach und nach Mitarbeiter einstellen.
       
       ## Der Markt wächst
       
       Geschäftsideen, die eigens für den afrikanischen Markt zugeschnitten sind,
       gibt es genug; etwa Sendy, einen Moped-Lieferservice in Kenias Hauptstadt
       Nairobi, oder BudgIT, auf deren Homepage Haushaltsdaten gesammelt und
       verständlich aufbereitet werden. So wollen die Betreiber für Transparenz
       und politische Teilhabe sorgen.
       
       Doch für die Umsetzung ist eine Finanzierung nötig. Wie viel tatsächlich in
       Start-ups investiert wird, lässt sich nur schwer schätzen. Während der
       US-amerikanische Risikokapitalgeber Partech Ventures für 2017 die
       Rekordsumme von 560 Millionen US-Dollar nennt, geht das Start-up-Portal
       Disrupt Africa lediglich von 195 Millionen US-Dollar aus. Deutlich ist
       aber: Der Markt wächst.
       
       Laut Start-up-Betreuerin Damilola Teidi braucht es dazu jedoch nicht nur
       Kapital. Selbst in Nigerias vergleichsweise gut versorgter
       Wirtschaftsmetropole Lagos müssen Jungunternehmer mit Arbeitsplätzen
       unterstützt werden, die Strom und verlässliches Internet bieten. Die
       Erfahrung dürfte helfen, um Offline-Strategien zu entwickeln, wenn Produkte
       Kunden außerhalb der Städte erreichen sollen. „Unternehmer müssen sehr
       clever sein, den Markt gut kennen und genau wissen, welche Art von
       Technologie passt.“ Doch wenn es läuft, dann dürften die Start-ups gerade
       in Nigeria viele weitere Gründer motivieren: „Die Menschen lieben einfach
       Erfolgsgeschichten.“
       
       29 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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