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       # taz.de -- Produktsiegel für nachhaltige Kleidung: Ökos fürchten hellgrünen Knopf
       
       > Lasche Kriterien, unrealistischer Zeitplan: Die Kritik am Siegel des
       > Entwicklungsministers wächst. Eine Definition von „fair“ und „nachhaltig“
       > fehle.
       
   IMG Bild: Stößt nicht auf viel Gegenliebe: der Grüne Knopf als Siegel für nachhaltige Kleidung
       
       Berlin taz | Wie grün wird der Grüne Knopf? Was wird er für grüne
       Unternehmen bedeuten? Darüber diskutieren Unternehmerinnen und Aktivisten,
       die sich mit nachhaltiger Kleidung befassen. Wie berichtet, hatte
       Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) Ende April eine alte Idee
       aufgegriffen und verkündet, im Jahr 2019 einen „Grünen Knopf“ einzuführen.
       Dieses staatliche Siegel soll im Laden nachhaltig produzierte Kleidung
       auszeichnen.
       
       „Für uns könnte das problematisch werden“, sagt Bernd Hausmann, Gründer der
       Ladenkette Glore aus Nürnberg. Die fünf Läden und der Onlineshop der Marke
       verkaufen ausschließlich öko-soziale Labels. Glore bewegt sich damit zwar
       in einem wachsenden Markt, aber noch immer in einer winzig kleinen Nische.
       Ein Problem: „Schon jetzt verwirren zahlreiche verschiedene Siegel die
       Kunden“, sagt Hausmann. Ein Grüner Knopf mache es noch schwieriger zu
       kommunizieren, was eine ökologische und faire Lieferkette sei.
       
       Glore belegt Nachhaltigkeit mit Textilsiegeln wie dem GOTS und dem IVN-Best
       mit ihren hohen ökologischen Standards sowie der Zusammenarbeit mit der
       anerkannten Fair Wear Foundation, die sich für bessere Arbeitsbedingungen
       in den Textilfabriken einsetzt.
       
       Auch die Stoffe der Berliner Firma „Lebenskleidung“ tragen das Siegel des
       GOTS. Geschäftsführer Enrico Rima kritisiert: „Für die Aussage von Minister
       Müller, wer Kleidung mit dem Grünen Knopf kaufe, könne zu 100 Prozent
       sicher sein, dass sie fair und nachhaltig produziert wurde, fehlt die
       Definition von ‚fair‘ und ‚nachhaltig‘.“
       
       Rima, zugleich im Vorstand des Wirtschaftsverbandes „Unternehmensgrün“,
       fordert, es müsse endlich klar werden, „was der Grüne Knopf konkret
       bedeutet“. Die notwendigen Kriterien in einem halben Jahr zu erarbeiten sei
       vollkommen unrealistisch. „Der Prozess, vernünftig aufgesetzt, braucht
       mindestens zwei Jahre“, sagt Rima, „gerade auch mit Blick auf die
       Erfahrungen im Textilbündnis“ mit seinen schwerfälligen
       Abstimmungsprozessen.
       
       Gisela Burckhardt von der Menschenrechtsorganisation Femnet hält es für
       sinnvoll, die im Textilbündnis erstellten Roadmaps – also Pläne, um
       bestimmte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen – für den Prozess zu nutzen.
       Die Pläne könnten als Ausweis dafür gelten, ob ein Unternehmen seine
       Sorgfaltspflichten einhält. Nur dann mache ein Grüner Knopf mit hohen
       Standards als Produktsiegel überhaupt Sinn: „Der produktbezogene Ansatz
       birgt die Gefahr des Greenwashing“, so Burckhardt. Ein Produkt werde fair
       hergestellt, der Rest des Sortiments nicht. Dadurch ändern sich die
       Arbeitsbedingungen der Näherinnen nicht.
       
       Voraussetzung für den Grünen Knopf an einem Kleid sei also der Nachweis des
       Unternehmens, dass es die Lieferkette kenne und Risiken vorausschauend
       vermeide. Im Sommer müssen die Mitglieder des Textilbündnisses erstmals
       ihre Roadmaps veröffentlichen.
       
       11 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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