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       # taz.de -- Wolfgang Gast Leuchten der Menschheit: Operation Bird Dog oder wie die D-Mark aus den USA unter die Deutschen kam
       
       Siebzig Jahre ist sie alt, die Währungsreform. Streng geheim sollte die
       Operation mit Namen „Bird Dog“ ablaufen. Die Sowjetunion durfte nichts
       erfahren, und die Deutschen durften das schon gar nicht. Selbst die
       britische Regierung wurde erst ins Vertrauen gezogen, als die 23.000
       Holzkisten von New York nach Bremerhaven verschifft worden waren, von
       Februar bis April 1948. Sie enthielten eine neue Währung: die D-Mark,
       gedruckt in den Vereinigten Staaten – etwa 6 Milliarden D-Mark, das
       Startkapital für das kommende Wirtschaftswunder.
       
       Von Bremerhaven aus kamen die geheimen Milliarden in den Keller des alten
       Reichsbankgebäudes in der Frankfurter Taunusanlage. Am 18. Juni schließlich
       setzten sich von Frankfurt aus eine Kolonne von 800 Lastwagen sowie mehrere
       Spezialzüge in Bewegung, um die Banknoten an die Lebensmittelkartenausgaben
       in den drei westlichen Zonen zu bringen. Erst am 2. Juni hatten die
       westalliierten Militärgouverneure den 20. Juni als Termin für die
       Währungsreform endgültig festgelegt. 18 Tage später, ein Sonntag, war es so
       weit: Die 500 Tonnen Banknoten wurden in Umlauf gebracht.
       
       40 D-Mark konnte jeder Haushaltsvorstand und alleinstehende Erwachsene im
       Verhältnis eins zu eins umtauschen, 40 Reichsmark gegen 40 D-Mark. Das Geld
       bekam nur, wer auch seine Lebensmittelkarte vorlegen konnte, der Pass
       allein half nicht weiter. Missbrauch sollte vermieden werden. Viele
       Menschen besaßen mehrere Pässe, aber nur wenige mehrere Lebensmittelkarten.
       Die Reaktion der Sowjetunion ließ nicht lange auf sich warten. Sie kündigte
       ihrerseits an, am 22. Juni eine Währungsreform in ihrer Zone sowie in
       Gesamtberlin durchzuführen. Die Folgen: Die Westalliierten reagierten
       unverzüglich: Die D-Mark wurde auch in den westlichen Berliner Sektoren
       eingeführt. Moskau sperrte daraufhin am 24. Juni die Zufahrtswege in diese
       Sektoren. Der Operation „Bird Dog“ folgte die Operation „Vittles“, besser
       bekannt als Berliner Luftbrücke.
       
       Anlässlich des 70. Jubiläums hat nun der Dortmunder Autor Jan-Christoph
       Nüse die Ereignisse rund um die Währungsreform in einem zeitgeschichtlichen
       Kriminalroman „Operation Bird Dog“ eingebettet (Gmeiner Verlag 2018). Darin
       erzählt er die Geschichte des Bankierssohns Carl Wrede, der den
       vermeintlichen Suizid seiner Eltern Ende 1948 nach zehn Jahren rächen will.
       Er kommt einem Komplott auf die Spur, in dem ehemalige SS-Angehörige
       verwickelt sind, die mit Betrügereien bei der Währungsumstellung die Flucht
       prominenter Nazis ins Ausland finanziert hatten. Ein lesenswerter Krimi –
       mit dem Nebeneffekt, einiges über eine der spannendsten Aktionen im frühen
       Nachkriegsdeutschland zu erfahren.
       
       Der Autor ist Redakteur der taz.
       
       2 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolfgang Gast
       
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