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       # taz.de -- Kommentar Zollstreit EU-USA: Eine Front gegen Trump
       
       > Trumps Appetit auf Protektionismus ist ungebrochen. Die EU darf sich
       > nicht erpressen lassen und muss sich nach neuen Partnern umsehen.
       
   IMG Bild: Böser, böser Stahl!
       
       Nein, dies ist noch kein Handelskrieg. Die Abschottungs-Zölle der USA gegen
       Stahl und Aluminium aus Europa sind, ökonomisch betrachtet, lächerlich.
       Auch die nun [1][von der EU geplanten Vergeltungsmaßnahmen] bei Jeans,
       Whiskey und Motorrädern made in USA sind alles andere als eine
       Kriegserklärung, sondern bloß symbolische Nadelstiche.
       
       Dennoch ist die Lage ernst. US-Präsident Donald Trump hat im Zollstreit
       gezeigt, was ihm die europäischen „Partner“ wert sind: fast nichts,
       jedenfalls weniger als ein paar Wählerstimmen im amerikanischen Rust Belt.
       Das Gerede von den gemeinsamen westlichen Werten und der transatlantischen
       Partnerschaft hat sich als hohl erwiesen.
       
       Gleichzeitig haben die Europäer gezeigt, wozu sie für den Fetisch des
       freien Handels bereit sind: zu fast allem. Sie wollten nicht nur die
       Welthandelsorganisation WTO auf den Kopf stellen, um Trump zu gefallen. Sie
       wollten auch gefracktes Flüssiggas aus den USA kaufen und ihre öffentlichen
       Beschaffungsmärkte für US-Konzerne öffnen.
       
       Gebracht hat es nichts, im Gegenteil. Die USA haben Deutsche, Franzosen und
       die EU-Kommission gegeneinander ausgespielt und den Druck immer mehr
       erhöht. Nachdem die EU bereits mehrere Angebote gemacht hatte, leitete
       Trump auch noch ein Prüfverfahren gegen Autos aus Übersee ein. Angeblich
       sollen sie die nationale Sicherheit gefährden.
       
       Das zeigt: Appeasement hat Trumps Appetit auf Alleingänge nicht
       geschmälert, sondern noch vergrößert. Und es könnte noch schlimmer kommen.
       Wenn nicht alles täuscht, dann sind die Stahl- und Aluminiumzölle nur ein
       Vorspiel. Trump wird nichts unversucht lassen, die EU weiter zu provozieren
       und immer neue Zugeständnisse zu fordern.
       
       Deshalb ist es wichtig, dass die Europäer hart bleiben. Die bisherige
       Linie, nicht mit der vorgehaltenen Pistole des amerikanischen Cowboys zu
       verhandeln, war richtig; sie darf nicht aufgeweicht werden. Neue Gespräche
       darf erst erst geben, wenn die EU ihre eigenen Schutzmaßnahmen in Kraft
       gesetzt hat, nicht vorher. Wir dürfen uns nicht provozieren lassen,
       Erpressung darf sich nicht auszahlen.
       
       ## Nachhaltiges Gleichgewicht im Welthandel
       
       Doch aus Deutschland kommen schon wieder andere Töne. So hat
       CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier offen gelassen, ob die angekündigten
       europäischen Vergeltungszölle überhaupt kommen. Und EU-Kommissar Günther
       Oettinger (ebenfalls CDU) hat sich für ein „TTIP light“ ausgesprochen –
       also eine abgespeckte Version jenes Freihandelsabkommens, gegen das
       Hunderttausende auf die Straße gegangen sind.
       
       Sollte das am Ende der Preis sein, den wir zahlen müssen, um einen
       Handelskrieg abzuwenden? Soll die EU stillhalten und hinter den Kulissen
       einen neuen „Deal“ aushandeln? Die Antwort liegt auf der Hand: Nein, das
       kann es nicht sein. Trump würde dies nur als Schwäche werten. Besser wäre
       es, unter dem Schutz der europäischen Gegenmaßnahmen eine neue,
       internationale Abwehrfront aufzubauen.
       
       Dazu müssten sich die Europäer mit Chinesen, Kanadiern und Mexikanern an
       einen Tisch setzen, denn auch sie werden vom neuen US-Protektionismus
       getroffen. So könnte die EU beweisen, dass sie es ernst meint mit dem
       Multilateralismus. Bisher haben Altmaier und andere Transatlantiker eine
       solche Front verhindert – nun wird sie möglich. Der Westen ist tot, schauen
       wir uns nach neuen Partnern um!
       
       Und wenn es dann doch noch zu Verhandlungen mit Trump kommt, dann sollte es
       nicht um ein „TTIP light“ oder andere schmutzige Deals gehen – sondern um
       fairen Handel. Es kann nicht das Ziel sein, den Absatz von BMW und Mercedes
       an der 5th Avenue in New York zu sichern. Nein, wir müssen zu einem neuen,
       nachhaltigen Gleichgewicht im Welthandel kommen. Sonst wird sich der Streit
       immer wieder neu entzünden, nicht nur mit Trump.
       
       Klar, dem Exportweltmeister Deutschland wird dies schwer fallen. Er hängt
       wie ein Fixer an der Nadel des Exports. Doch Deutschland ist nicht die EU.
       Und „Freihandel über alles“ bringt uns im Streit mit Trump und seinen
       protektionistischen Truppen nicht weiter, „TTIP light“ schon gar nicht.
       Sonst würde am Ende nicht nur die Wirtschaft verlieren, sondern auch noch
       die Demokratie.
       
       1 Jun 2018
       
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