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       # taz.de -- Kommentar Hajo Seppelt sagt WM ab: Das System Putin funktioniert
       
       > Der ARD-Journalist Hajo Seppelt reist nicht nach Russland – aus
       > Sicherheitsgründen. Denn er gilt dort als Staatsfeind. Aber was hat er
       > denn getan?
       
   IMG Bild: Auch ein Erfolg Seppelts: Die Doping-Proben der Spieler bei der Fußball-WM werden nicht in Russland, sondern in der Schweiz untersucht
       
       Journalisten müssen keine Helden sein. Die Entscheidung des ARD-Reporters
       Hajo Seppelt, nicht zur Fußball-WM nach Russland zu reisen, ist kein
       Einknicken, keine Unterwerfung, keine Kapitulation vor den Schlächtern der
       Pressefreiheit. Sie ist absolut nachvollziehbar. Seppelt ist von russischen
       Medien zu einem Staatsfeind hochgeschrieben worden, zu einem Russen-Hasser,
       zu einem CIA-Agenten, zu einem Propagandisten im Krieg gegen Putins Reich.
       Deshalb ist er in Gefahr.
       
       Die Worte der Chefs des russischen Journalistenverbands, Wladimir Solowjow,
       klingen bis heute nach. Für Seppelt müsse man Personenschutz bereitstellen,
       sagte er, nachdem bekannt wurde, dass Russland den Investigativreporter das
       Visum für die WM verweigert hat. „Damit Kenner seines ‚journalistischen
       Talents‘ ihn nicht zufällig verprügeln.“
       
       [1][Der Einreisebann] wurde zwar aufgehoben, als Staatsfeind gilt Seppelt
       [2][aber immer noch]. Nach all dem, was passiert ist, muss der Mann, der
       das Dopingsystem in Russland als erster beschrieben hat, um seine
       körperliche Unversehrtheit fürchten. Kein Wunder also, dass er sich
       entschieden hat, nicht nach Russland zu reisen.
       
       ## Das System Putin funktioniert
       
       Mit Seppelts Entscheidung, so richtig sie ist, hat das System Putin den
       ersten Erfolg dieser WM gefeiert. Die unverhohlen geäußerten
       Verunglimpfungen und Bedrohungen waren letztlich erfolgreich. Die
       Denunziationskampagne hat sich ausgezahlt. Gespenstisch mutet dieser
       traurige Sieg an. Er sagt viel über die politische Stimmung im WM-Land. Ein
       unliebsamer Journalist ist fürs Erste in die Knie gezwungen worden, ein
       Sportreporter, der über Doping berichtet hat. Was hat der Mann eigentlich
       gemacht? Seppelt hat nichts weiter getan, als zu checken, ob der russische
       Sport sich an die Anti-Doping-Regeln hält, denen er sich selbst
       verpflichtet hat. Er hat getan, was ein Journalist tun sollte.
       
       Auch weil er nicht aufhören konnte, immer tiefer nachzubohren, galt er als
       vielen als Nervensäge. Er sollte das als Kompliment verstehen.
       Dopingberichterstattung war schon immer eine Art Stiefkind des
       Sportjournalismus. Wer nachsieht, was gespritzt und geschluckt wird, gilt
       vielen als Spielverderber. Den Reportern, die nachfragen, bleiben oft viele
       Türen verschlossen. Doch der Druck, der in Russland auf Seppelt ausgeübt
       wird, ist ohne Beispiel.
       
       Der Reporter hat es geschafft, dass ihm Whistleblower beinahe auf der
       ganzen Welt vertrauen. Seine Enthüllungen haben die Sportwelt erschüttert.
       Dass ein Sportreporter nun wie ein Kriegsberichterstatter, der den
       Frontlinien zu nahe gekommen ist, um sein Leben fürchtet, zeigt, wie wenig
       Pressefreiheit in Russland gilt.
       
       Seppelt hat die Entscheidung getroffen, Russland erst einmal fernzubleiben.
       Russische Journalisten, die sich kritisch mit den Zuständen in ihrem Land
       beschäftigen, haben dagegen keine Wahl. Sie werden regelrecht in die
       Heldenrolle gezwungen. Wenn über Seppelt gesprochen wird, sollte man immer
       auch an diese mutigen Menschen denken.
       
       14 Jun 2018
       
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