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       # taz.de -- Kommentar zur Kollegah-Entscheidung: Grenzgänger brauchen Grenzen
       
       > Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft meint, brutale und Minderheiten
       > verachtende Textzeilen seien vom Recht auf Kunstfreiheit gedeckt. Ein
       > fatales Signal.
       
   IMG Bild: Wiederholungstäter: Farid Bang und Kollegah
       
       Es ist eine kurzsichtige Entscheidung: Die Songzeile „Mache mal wieder ’nen
       Holocaust“ [1][ist in Deutschland nicht strafrechtlich relevant], ebenso
       wenig wie andere unappetitliche Passagen, die sich auf dem Album „Jung,
       brutal, gutaussehend 3“ der Rapper Kollegah und Farid Bang finden. Nachdem
       im April der mittlerweile abgeschaffte Musikpreis Echo [2][an die Rapper
       verliehen wurde], gingen mehrere Strafanzeigen wegen ihrer Texte ein. Nun
       entschied die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft: Die Lyrics dürfen stehen
       bleiben.
       
       Zwar räumte die Behörde ein, dass die Songtexte des Duos vulgär,
       menschenverachtend und misogyn seien – weil sie aber dem Genre Gangsta-Rap
       zugerechnet werden, seien sie nicht strafbar. Auch für ein Subgenre, das
       von Provokationen lebt, gelte die im Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit.
       
       Aber Kollegah ist ein Wiederholungstäter: So ließ er etwa im Musikvideo zu
       seinem Song „Apokalypse“ den Teufel einen Davidstern tragen. Seine
       Holocaustzeilen sind eben keine abstrakte Geschmacklosigkeit im luftleeren
       Raum.
       
       Außerdem stellt sich die Frage, zu welchem Preis man hier Grenzübertritte
       in Kauf nimmt. Zwar mahnten Rap-Fans in der Debatte zu Recht an,
       KritikerInnen des Duos verkennten den künstlerisch-sozialen Sinn von
       Battle- oder Gangsta-Rap: Statt sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen,
       disst man seine GegnerInnen hier kreativ in Grund und Boden. Nicht jedes
       Schmähwort sollte man deshalb auf die Goldwaage legen. Und nicht alles, was
       das Genre hervorbringt, muss einer bürgerlichen Hörerschaft schmecken.
       
       Doch Kollegah und Farid Bang arbeiten sich in brutaler Rhetorik an
       Marginalisierten, an Frauen und Homosexuellen, Jüdinnen und Juden ab.
       Solche Verwünschungen mit dem Verweis auf Kunstfreiheit zu schützen, nur
       weil sie jemand in Form von strunzlangweiligen und wenig revolutionären
       Songs in die Welt blökt, ist ein fatales Signal. Auch einem Genre, das
       Grenzüberschreitungen braucht, kann man Grenzen abverlangen, ohne seine
       Abschaffung zu fordern.
       
       17 Jun 2018
       
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