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       # taz.de -- Rechter Innenminister Italiens: Matteo Salvini will Roma zählen
       
       > Der Lega-Parteichef möchte Sinti und Roma registrieren lassen – und die
       > Ausländer unter ihnen ausweisen. Der Koalitionspartner M5S protestiert.
       
   IMG Bild: „Die italienischen Roma müssen wir leider hier behalten“, sagt Innenminister Matteo Salvini (rechts)
       
       Rom taz | Italiens neuer Innenminister Matteo Salvini von der
       rechtspopulistisch-ausländerfeindlichen Lega setzt seine Kampagne gegen
       Immigranten und alle ihn störenden Menschen fort. Nachdem er den im
       [1][Mittelmeer tätigen NGOs vor wenigen Tagen den Krieg erklärt hat], nahm
       er am Montag die in Italien lebenden Roma ins Visier.
       
       „Im Ministerium lasse ich ein Dossier zur Roma-Frage in Italien
       vorbereiten“, teilte der Minister mit. Dessen Kernstück solle ein
       Roma-Zensus, sprich die Erfassung aller Roma auf italienischem Boden sein.
       Auf dieser Basis sollten die irregulär im Land lebenden Roma mit
       ausländischem Pass ausgewiesen werden. Salvini schloss mit dem offen
       rassistischen Satz: „Die italienischen Roma müssen wir leider hier
       behalten.“
       
       Anders als bei seinen Attacken gegen die Rettungsschiffe der NGOs, die der
       größere [2][Koalitionspartner, das Movimento5Stelle (M5S –
       5-Sterne-Bewegung)] weitgehend mittrug, schlug Salvini jetzt offener
       Dissens des M5S entgegen. „Wenn eine Sache verfassungswidrig ist, kann man
       sie nicht machen“, kommentierte deren Chef Luigi Di Maio Salvinis Vorhaben.
       
       Daraufhin ruderte der Innenminister zurück und ließ wissen, er wolle weder
       Personen erfassen noch Fingerabdrücke sammeln: „Unser Ziel ist es bloß, uns
       ein Bild von der Situation der Roma-Lager zu verschaffen.“ In Italien leben
       zwischen 120.000 und 180.000 Roma und Sinti, etwa 26.000 von ihnen in
       Camps, die teils vom Staat unterhalten werden, teils illegal entstanden
       sind.
       
       ## Salvini, der „Minister für Grausamkeit“
       
       Italien ist wohl der westeuropäische Staat, der die geringsten
       Anstrengungen unternommen hat, diese Zustände mit Integrationspolitiken zu
       beseitigen. Andererseits ist es der westeuropäische Staat, in dem Umfragen
       zufolge mit über 80 Prozent die höchsten Ablehnungswerte gegenüber Roma und
       Sinti erreicht werden.
       
       Darauf zielt jetzt offenbar Salvinis neuester Ausfall. Schon sein
       Frontalangriff gegen Flüchtlings-NGOs trug ihm 72 Prozent Zustimmung ein,
       und in den Wahlumfragen legt die Lega Woche für Woche zu, auf nun 28 bis 29
       Prozent. Damit läge sie mit den Fünf Sternen jetzt gleichauf, während bei
       den Wahlen vor drei Monaten das M5S noch 32,7 Prozent, die Lega dagegen
       17,4 Prozent geholt hatte.
       
       Es darf deshalb als sicher gelten, dass die Kritik der gemäßigt linken
       Partito Democratico oder der Jüdischen Gemeinde – die den Bogen zu
       Mussolinis Rassegesetzen schlug – ebenso an Salvini abprallt wie die Worte
       des Schriftstellers Roberto Saviano. Der warf Salvini vor, er sei nicht
       Innenminister, sondern „Minister für Grausamkeit“.
       
       19 Jun 2018
       
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   DIR Michael Braun
       
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