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       # taz.de -- Familientrennungen an der Grenze: Kindertränen schockieren USA
       
       > Mehr als 2.000 Kinder von Migranten sind seit April an der US-Südgrenze
       > von ihren Eltern getrennt worden. Zwei Drittel der US-Bürger lehnen das
       > ab.
       
   IMG Bild: Sie weint wegen Trump: Eine Achtjährige berichtet, wie sie von ihrem Vater getrennt wurde
       
       NEW YORK taz | Schluchzen, „Mama-“ und „Papa“-Rufe und die flehentlichen
       Bitten einer Sechsjährigen, ihre Tante anrufen zu dürfen – „damit sie mich
       hier abholt“ – sind die eindringlichsten O-Töne, die bislang aus einem
       Internierungslager für Kinder in den USA an die Öffentlichkeit gedrungen
       sind. Das Newsdesk ProPublica hat die Aufnahme an einem nicht namentlich
       genannten Ort heimlich gemacht.
       
       Die knapp acht Minuten lange Aufzeichnung ging am Montag quer durch die USA
       und ertönte auch im Weißen Haus, wo ein Journalist sie abspielte, während
       die Ministerin für die „Heimatsicherheit“, Kirstjen Nielsen, eine
       Pressekonferenz gab. Am selben Tag meldete sich auch Hillary Clinton zu der
       trumpgemachten humanitären Krise an der Südgrenze zu Wort. Nachdem die
       Familientrennung bereits von allen vier anderen lebenden First Ladies
       verurteilt worden war, nannte Clinton sie: „Schrecklich“.
       
       Bei der Pressekonferenz im Weißen Haus rechtfertigte Ministerin Nielsen die
       Familientrennungen an der Südgrenze, bei der seit Beginn der „Null
       Toleranz“-Politik Mitte April mehr als 2.000 Kinder von ihren Eltern
       getrennt worden sind. Nielsen sagte, ihre Behörde täte nichts anderes, als
       die Gesetze einzuhalten. Danach sei es Vorschrift, dass Kinder nicht bei
       ihren Eltern bleiben dürfen, wenn die Eltern ins Gefängnis kommen. Sie wies
       jede Verantwortung für die Familientrennungen, bei denen Kinder oft
       hunderte Meilen entfernt von ihren Eltern in käfigähnlichen Strukturen oder
       in hastig aufgebauten Zeltstädten in der Wüste bei Temperaturen um die 40
       Grad Celsius aufbewahrt werden, von sich. Nur der Kongress, so Nielsen,
       könne die Gesetze ändern.
       
       Am Donnerstag will das Repräsentantenhaus über ein Gesetz abstimmen, das
       die Krise an der Südgrenze beenden soll. Doch am Dienstagvormittag
       verhandelten die beiden Flügel der republikanischen Mehrheitsfraktion in
       der Kammer noch über mindestens zwei konkurrierende Entwürfe.
       
       Bei dieser Auseinandersetzung zwischen Hardlinern und „Moderaten“ schien
       der Vorschlag der Parteiführung die Oberhand zu haben. Als „Verbesserung“
       sieht er vor, dass Familien von EinwandererInnen ohne Dokumente nicht mehr
       auseinandergerissen werden, sondern dass die Kinder gemeinsam mit ihren
       Eltern hinter Gitter kommen.
       
       ## Moralische Entrüstung
       
       US-Präsident Donald Trump und sein radikal rechter Berater für
       Einwanderungsfragen, Stephen Miller, benutzen die Familientrennung für die
       Innenpolitik. Schon im Januar 2017 stand Miller hinter dem „Muslim-Verbot“
       für EinwandererInnen aus sechs mehrheitlich muslimischen Ländern. Jetzt –
       wenige Monate vor den Halbzeitwahlen, bei denen Trump die Mehrheit in einer
       oder beiden Kammern im Kongress verlieren könnte – schlägt Miller einen
       schärfere Gangart an der Südgrenze vor. In den nächsten Wochen, so eine
       Recherche von Politico, sollen die Razzien gegen Papierlose intensiviert
       und die Arbeitsvisa verknappt werden.
       
       Der brutale Umgang mit Kindern löst in den USA moralische Entrüstung aus.
       Nach übereinstimmenden Umfragen der Quinnipiac Universität und von CNN
       lehnen über 65 Prozent der US-AmerikanerInnen diese Politik ab. Die
       Empörung reicht von der Linken über moderate RepublikanerInnen bis hin zu
       dem ehemaligen CIA-Chef William V. Hayden, der ein Bild von Auschwitz mit
       der Unterzeile veröffentlichte: „Auch andere Regierungen haben Mütter und
       Kinder getrennt.“
       
       Doch – auch das zeigen die Umfragen – die treue Basis von Trump ist mit den
       Verschärfungen zufrieden.
       
       20 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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