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       # taz.de -- Repression in Nicaragua: Verzweiflung reicht bis nach Berlin
       
       > Über 100 Menschen sind bei den Protesten in Nicaragua getötet worden. Nun
       > fordern auch Exil-Nicaraguaner den Rücktritt von Präsident Ortega.
       
   IMG Bild: Im April begannen die Proteste gegen Daniel Ortega in Nicaragua
       
       Berlin taz | Kreuze und Rucksäcke. Das haben viele der NicaraguanerInnen an
       diesem Sonntag mit zum Brandenburger Tor in Berlin gebracht. Die Kreuze als
       Zeichen für die mindestens 134 Toten, die laut Menschenrechtsgruppen bei
       den Protesten ihn ihrer Heimat seit Mitte April getötet wurden. Die
       Rücksäcke als Zeichen der Solidarität mit den Studierenden, die am meisten
       von der staatlichen Repression betroffen sind.
       
       Seitdem die Regierung des Präsidenten Daniel Ortega am 18. April eine
       [1][Reform der Sozialversicherungsbeiträge] und eine Kürzung der Renten
       verkündete, formierte sich ein [2][landesweiter Protest gegen Ortega] und
       das harte Vorgehen der Polizei und regierungsnaher Schlägertrupps gegen die
       Demonstranten.
       
       Im Netz sieht man auf Videos, wie Polizisten ohne Vorwarnung auf
       Demonstranten schießen, wie die turbas sandinistas, AnhängerInnen der
       Regierungspartei FSLN, auf dem Motorrad Jagd auf Studierende machen. Darauf
       wollen die rund 150 Demonstrierenden vor dem Brandenburger Tor aufmerksam
       machen. Sie fordern ein Ende der Gewalt – und den Rücktritt ihres
       Präsidenten. Anschließend wollen sie die Namen aller 134 Toten vorlesen.
       
       „Ortega tötet die Demonstranten“, sagt Walter Castillo, der seit anderthalb
       Jahren in Weimar studiert. Der 28-Jährige ist wie viele andere
       NicaraguanerInnen, die gerade in Deutschland studieren, dem Aufruf der
       europaweiten Soli-Gruppe SOSNicaragua gefolgt. Die Rund 150 Anwesenden
       kommen aus Frankfurt, Köln, Hamburg und Halle. Neben Berlin finden Proteste
       gegen Ortega gleichzeitig in Wien, Stockholm und Genf statt.
       
       ## Mediziner entführt, weil sie behandelten
       
       „In Nicaragua können wir nicht protestieren“, sagt Castillo, der ein Kreuz
       mit einem Rücksack darüber in die Luft hält. „Umso wichtiger ist es, dass
       wir mitten in Berlin darüber trauern können, was in unserer Heimat
       geschieht.“
       
       Zum Beispiel hätten vor zwei Wochen regierungsnahe Schläger drei
       Medizinstudierende in der Stadt León entführt, weil sie Verwundete auf der
       Straße versorgt hatten. Eine von ihnen ist eine Freundin von Walter
       Castillo, sagt er. Menschenrechtsgruppen, Journalisten und auch die
       nicaraguanischen Bischöfe haben die Regierung für die Gewalt kritisiert und
       Ortega zum Dialog aufgefordert. Bislang ohne Erfolg.
       
       Ortega, der in den 70er Jahren am Sturz des damaligen Diktators Anastasio
       Somoza Debayle mit beteiligt war und zwischen 1985 und 1990 schon einmal
       Präsident des Landes war, regiert Nicaragua seit elf Jahren. Für seine
       vierte Amtszeit ließ er die Verfassung ändern.
       
       Viele NicaraguanerInnen beobachten, wie Ortega das Land zunehmend autoritär
       regiert. Die Medien werden kontrolliert, RegierungsgegnerInnen
       eingeschüchtert. Die DemonstrantInnen in Berlin hatten Plakate dabei, auf
       denen sie Ortega mit dem jahrzehntelangen Diktator Somoza vergleichen.
       
       Bei der Kundgebung riefen sie den Präsidenten dazu auf, Neuwahlen
       zuzulassen. Ortega hingegen hatte bislang erklärt, er werde bis 2021
       regieren.
       
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   DIR Ralf Pauli
       
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