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       # taz.de -- Das große Festival-ABC: Von AU über Ficken bis Zelt
       
       > Fusion, Roskilde, Exit – die Festivalsaison ist da! Mit unseren 26 Tipps
       > erfahren Sie, worauf Sie als Anfänger*in achten müssen.
       
   IMG Bild: Schnell nochmal schlabbern, bevor das Zelt im Schlamm versinkt
       
       Zunächst einmal benötigen Sie eine
       
       Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Wer kriegt schon frei für ein
       verlängertes Wochenende Hedonismus irgendwo in Europas Pampa? Den
       Urlaubsantrag haben Sie leider nicht rechtzeitig eingereicht – oder Sie
       brauchen die Tage noch, um im November nach Thailand zu fliehen. Also ab
       zur Ärztin, mit Sehnenscheidenentzündung oder Schlafstörungen. Vorbereitung
       ist wichtig:
       
       Biologisch abbaubaren Glitzer und weiteres verantwortungsvolles Gepäck gibt
       es in Onlineshops für Naturfreund*innen zu kaufen. Haben Sie sich kurz über
       die aktuellen Debatten rund um
       
       Critical Whiteness informiert? Gerade auf Festivals kommt immer mal wieder
       die Debatte auf, ob jede*r so einfach in Farben, Muster und Symbole aus
       Ländern des globalen Südens tragen und auf den Kopf setzen darf. Seien Sie
       darauf vorbereitet, dass es in der Schlange zum
       
       Dixiklo zu Rassismusdiskussionen kommen könnte. Klar, eigentlich sind Sie
       nicht hergekommen, um Ihre Position in einem globalen System aus
       Privilegien und Diskriminierungen zu reflektieren. Festival, das ist
       
       Eskapismus (okay, für manche ist es auch einfach
       
       Ficken). Festivalfans wollen ausbrechen aus der Alltagsmaschine, wollen
       ihre Terminplaner und ihren Ehrgeiz zurücklassen, tanzen, vergessen,
       kollektiv eine andere Welt entwerfen. Ein Hindernis ist dabei bisweilen die
       
       Gruppendynamik. Ihre Freund*innen werden sich nicht einigen können, was sie
       in welcher Reihenfolge unternehmen wollen. Oder sie sind plötzlich
       verschwunden – und bleiben es mehrere Tage. Dank fehlendem
       
       Handyempfang werden Sie sich nicht wiederfinden. Machen Sie was draus:
       
       Individualismus! Spazieren Sie einfach durch die Camps und schauen Sie, wer
       Ihnen einen
       
       Joint anbieten möchte. Oder
       
       Ketamin.
       
       Liebe ist ohnehin omnipräsent auf Festivals. Genau wie
       
       Müll. Lieben Sie die
       
       Natur, die Sie umgibt! Lieben Sie die Menschen, die
       
       Oben ohne in ihr herumliegen. Es kann alles so schnell vorbei sein. Sparen
       Sie nicht mit Drogen, denn was übrig bleibt, kann man nicht mehr wieder
       mitnehmen – vor den Toren lauert schon die
       
       Polizei. Sofern Sie es sich bisher einfach noch nicht getraut haben: Machen
       Sie
       
       Queere Erfahrungen, solange Sie high sind. Im
       
       Regen knietief im
       
       Schlamm zu
       
       Techno tanzen sollten Sie nicht als Pech betrachten, sondern als größtes
       Glück – wenn Sie das verinnerlicht haben, kann Ihnen nicht einmal mehr das
       Wetter etwas anhaben. Dass es Zeit ist, nach Hause zu gehen, merken Sie
       übrigens daran, dass Sie keine Lust mehr haben, in eine
       
       Urinella zu pinkeln, und dass Ihnen die
       
       Veganen Chapati-Wraps nicht mehr schmecken. Dass Sie anfangen zu überlegen,
       ob Sie nicht doch besser mit dem
       
       Wohnmobil hätten anreisen sollen. Wenn Ihre
       
       Xenophilie irgendwann schwächer wird. Das ist okay. Knutschen Sie noch ein
       letztes Mal mit der*dem
       
       Yogi vom Camp gegenüber und brechen Sie auf. Der Nachhauseweg ist weit. Und
       wenn Sie angekommen sind, müssen Sie immer noch darüber nachdenken, wie Sie
       eigentlich in Ihrer Einzimmerstadtwohnung Ihr
       
       Zelt sauber bekommen und wie Sie jemals wieder zur Arbeit gehen sollen.
       
       27 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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