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       # taz.de -- Kommentar zu Seehofers geheimem Plan: Seltsames Demokratieverständnis
       
       > Offenbar kennt kaum einer den genauen Inhalt von Seehofers umstrittenen
       > Masterplan. Das ist nicht peinlich, das ist rufschädigend für das ganze
       > Land.
       
   IMG Bild: Seehofer hat offenbar dicht gehalten, nicht mal CSU-Generalsekretär Markus Blume hat den Masterplan
       
       Wäre es nicht so fürchterlich, man könnte herzhaft darüber lachen. Als
       Sandra Maischberger am Mittwochabend in ihre Talkrunde fragte, wer
       Innenminister Horst Seehofers viel diskutierten [1][Masterplan] eigentlich
       kenne, blieben alle mucksmäuschenstill – auch CSU-Generalsekretär Markus
       Blume. Auf verblüffte Nachfrage räumte Blume verlegen lächelnd ein: „Ich
       habe ihn auch nicht.“
       
       Manchmal produzieren Talkshows eben doch gnadenlos aufklärerische Momente.
       Die Szene brachte einen Skandal auf den Punkt, der in dem [2][Streit
       zwischen Seehofer und Angela Merkel] etwas untergeht. Die CSU zettelt eine
       Regierungskrise an wegen eines Plans, [3][den keiner kennt]. Blume ist ja
       nicht der einzige Unwissende. Seehofer hat in den CSU-Gremien nur mündlich
       vorgetragen, was er vorhat – eine schriftliche Fassung wurde nicht
       verteilt. Und er wird kaum alle 63 Punkte präzise referiert haben.
       
       Die dürftige Kommunikation hinderte die CSU-Vorstandsmitglieder nicht
       daran, sich geschlossen hinter Seehofer und seinen sogenannten Masterplan
       Migration zu stellen. Dies ist keine Petitesse, wie Grünen-Chef Robert
       Habeck zu Recht kritisiert. Welchen Status hat das Papier? Ist es Seehofers
       Privatmeinung? Ein Entwurf des Innenministeriums fürs Kabinett? Oder die
       Wunschliste einer bayerischen Regionalpartei? Man weiß es nicht. Solche
       Fragen hindern Seehofer nicht daran, sich öffentlich darüber zu freuen,
       dass die Kanzlerin und ihre CDU 62,5 Punkte des Plans unterstützenn. Wie er
       darauf kommt, weiß nur er selbst. Schließlich kritisiert selbst Volker
       Kauder, Unionfraktionschef und CDU-Mitglied, dass er den Text gerne mal
       sehen würde.
       
       Seehofer offenbart ein seltsames Demokratieverständnis, indem er von seinen
       Parteifreunden einen Blankoscheck verlangt. Auch die Unionsabgeordneten,
       die die Ideen ja beschließen müssen, wirken wie Duckmäuser. Sie müssten den
       Innenminister auffordern, endlich den Wortlaut vorzulegen. Eine
       Entscheidung, die Deutschlands Ruf in der Welt prägen wird, darf so nicht
       verhandelt werden.
       
       21 Jun 2018
       
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