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       # taz.de -- Kolumne Russia Today: Wetterfühlig in Sotschi
       
       > Das Meer, die Wärme, die Unaufgeregtheit: Im Feriendomizil am Schwarzen
       > Meer fällt nicht einmal die Wiederholung besonders auf.
       
   IMG Bild: Fans in Sotschi stellen sich bei Regen unter
       
       Es ist schwer, mit diesem Tempo Schritt zu halten. Jeden Tag laufen drei
       bis vier Fußballspiele, man kommt kaum hinterher, bei diesem WM-Turnier den
       Überblick zu behalten. Aber in Sotschi, dem russischen Feriendomizil am
       Schwarzen Meer, übt man sich in mediterraner Gelassenheit. Warum also
       beispielsweise nicht ein Spiel vom Vortag noch einmal komplett anschauen,
       zumal das russische Fernsehen diesen tollen Service zur besten Sendezeit
       bietet?
       
       Eigentlich wollte ich in der Bar, etwa 200 Meter vom Meer entfernt, wo wie
       überall in der Umgebung der Geruch gegrillten Fleisches in der Luft hängt,
       die aktuell laufende Partie zwischen der Schweiz und Serbien verfolgen.
       Aber gut, das Spiel [1][zwischen Argentinien und Kroatien], das dort auf
       dem großen Bildschirm zu sehen war, mochte zwar von gestern sein, es war
       jedoch wirklich großartig. Davon hatte ich mich doch vor Ort im Stadion von
       Nischni Nowgorod überzeugt. Warum das Spektakel also nicht ein zweites Mal
       begutachten? Die Leute in Sotschi scheinen echte Fußballnerds zu sein.
       
       Mit der Zeit kamen mir dann doch Zweifel. Ich fragte mich, ob die Menschen,
       die mit mir in dem von einer niederländischen Brauerei gesponserten
       Bierzelt saßen, überhaupt wussten, dass sie sich gerade Fußballgeschichte
       vom Vortag zu Gemüte führten. Möglicherweise wähnten sie sich im Hier und
       Jetzt. Hätte ich mir zuvor einen Reiseführer von Sotschi besorgt, hätte ich
       wahrscheinlich schwarz auf weiß nachlesen können, dass die Uhren in dieser
       so besonderen Stadt anders ticken. So bleibe ich auf meine Spekulationen
       angewiesen, solange die Wiederholung läuft.
       
       Einer der russischen Gäste war dann aber doch up to date. Auf seine
       Intervention hin wurde das Programm umgeschaltet – vom Gestern ins Heute.
       Der Reaktion der anderen Gäste ließ sich jedoch nicht entnehmen, ob sie es
       für ein Parallelspiel hielten.
       
       Das Meer, die Wärme, die Unaufgeregtheit – all das ist wirklich in Sotschi
       angenehm. Vermutlich wollte deshalb der deutsche Bundestrainer Joachim Löw
       unbedingt wieder hierher und das Stammquartier in Sotschi beziehen. Er hat
       die Stadt bereits im letzten Jahr kennengelernt, wie ja auch viele deutsche
       Journalisten.
       
       Hier in Sotschi bekommt man ein gutes Gespür dafür, weshalb die
       Berichterstattung über das dann wirklich bezogene deutsche Quartier in
       Watutinki so negativ – man kann auch sagen: so wetterfühlig – ausfiel. Doch
       die Wehmut dürfte spät in der Nacht auf Sonntag ein wenig verflogen sein.
       Ein Wolkenbruch ergoss sich über die Stadt. Die Straßen verwandelten sich
       in kleine Flüsse. Und die Menschen, die nach dem Stadionbesuch wohl oder
       übel die Busse verlassen mussten, rannten hektisch nach Obdach suchend
       umher. Sotschi kann auch anders.
       
       25 Jun 2018
       
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