URI: 
       # taz.de -- Für Schülerinnen unter 14 Jahren: Hamburger CDU will Kopftuchverbot
       
       > Die CDU streitet auf ihrem Landesparteitag über das Tragen von
       > Kopftüchern in der Schule. Eine große Mehrheit stimmt für ein
       > Kopftuch-Verbot für Kinder unter 14 Jahren.
       
   IMG Bild: Aus Sicht der CDU für die Schule nicht adäquat gekleidet: Mädchen in Planten un Blomen
       
       HAMBURG taz | Die CDU regiert in Hamburg nicht. Deshalb bringt der Antrag,
       der Samstag Nachmittag nach lebhafter Debatte im Bürgerhaus Wilhelmsburg
       verabschiedet wurde, niemanden sofort in Verlegenheit, etwas umzusetzen.
       „Die Bürgerschaftsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass
       in Hamburg ein Kopftuchverbot für Mädchen, die das 14. Lebensjahr noch
       nicht erreicht haben, erlassen wird“, heißt es.
       
       Die Chefin der Frauen Union, Franziska Hoppermann, begründete das Verbot
       damit, dass das Tuch schon kleine Mädchen sexualisiere. Es sei mit einer
       freien Gesellschaft nicht vereinbar, wenn Mädchen schon im Kindesalter ihre
       Weiblichkeit unter einem Kopftuch verstecken müssten. Die Frauen Union
       verweist darauf, dass auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der
       Immigrantenverbände für ein Verbot sei.
       
       Marcus Weinberg stellte einen Gegenantrag. Der Bundestagsabgeordnete berief
       sich auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags: So
       ein Verbot verstoße wohl gegen die Religionsfreiheit und das
       Erziehungsrecht der Eltern.
       
       Auch die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Birgit Stöver, ist
       sehr dagegen. Das Verfassungsgericht habe 2015 schon ein Kopftuchverbot für
       Lehrerinnen gekippt. „Wie soll es dann möglich sein, dies für Schülerinnen
       durchzusetzen?“ Freiheit erreiche man nicht durch Zwang. „Auch wenn viele
       eine Hasskappe haben, wenn sie ein Kopftuch sehen, erzeugen wir so nur eine
       Abwehrhaltung“, versuchte sie, sich ins Publikum einzufühlen.
       
       Doch es war Stimmung im Saal und zwar pro Frauen Union. „Endlich reden wir
       über konkrete Maßnahmen. Allein das ist toll“, sagte Freya Gräfin
       Kerssenbrock in einer schmissigen Rede und berichtete von einem
       Taekwando-Kurs, den sie gibt, und zwei Mädchen mit Kopftuch, die dort
       isoliert gewesen seien. Das Kopftuch zähle als Zeichen für Keuschheit. „Ich
       möchte nicht, dass sich kleine Mädchen unter 14 über diese Frage überhaupt
       Gedanken machen müssen.“
       
       Zuvor hatte der Abgeordnete Richard Seelmaeker erklärt, Weinberg liege mit
       seiner Deutung des Gutachtens „leicht daneben“, da die Schule zur
       Neutralität verpflichtet sei. Und der Altonaer CDU-Mann Albrecht
       Gundermann zitierte ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der
       Gesetzgeber entscheiden kann, ob von religiösen Symbolen eine Gefahr für
       den Schulfrieden ausgeht. „Verfassungsrecht ist nichts anderes als
       tiefgefrorene Politik“, zitierte er Verfassungsrechtler Ernst Benda.
       „Schmeißen wir die Mikrowelle an und beurteilen dies politisch!“
       
       Ein genervtes „Ohhh“ ging durch den Saal, als der frühere Sozialsenator
       Dietrich Wersich ans Mirko ging. Der dankte zunächst dem als TV-Entertainer
       bekannten Bedo Kayaturan für seinen „tollen Beitrag“. Kayaturan hatte aus
       seiner Jugend erzählt. In der migrantischen community spiele das Thema eine
       große Rolle. Er sei lange gegen Kopftücher gewesen, habe nun aber
       schlaflose Nächte und werde sich enthalten.
       
       ## Krachende Niederlage für die Mahner
       
       Wersich warnte, die Debatte sei erst ein kleiner Ausschnitt dessen, was der
       CDU bevorstehe. Er argumentierte pädagogisch: „Die Frage ist für mich
       nicht, was macht das mit AfD-Wählern, sondern, was macht es mit den
       Kindern.“ Ein Verbot bringe die Kinder in Konflikt mit ihren Eltern. So
       bekämpfe man nur ein Symptom.
       
       Woraufhin der Russland-Deutsche Nikolaus Haufler ans Podium ging. Er sehe
       heute im Osten der Stadt immer mehr Kopftücher. „Der Trend hat damit zu
       tun, dass die Menschen unter Druck sind in der westlichen Gesellschaft.“
       Doch so wie man konservativen Christen nicht erlaube, ihre Töchter vom
       Sexualkundeunterricht fernzuhalten, solle der Staat auch hier Konsequenz
       zeigen.
       
       Sie sei für den Antrag der Frauen-Union gewesen, bilanzierte die JU-Chefin
       Antonia Niecke. „Leider habt ihr mich verloren.“ Das sei ein
       „Wohlfühlantrag, damit wir uns gut fühlen“. Doch dabei verliere man die
       Kinder.
       
       „Es geht hier eindeutig um Diskriminierung“, warnte als letzter Andreas
       Wankum. Doch die Abstimmung ging für die Mahner krachend verloren.
       
       25 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
   DIR Kopftuchverbot
   DIR CDU Hamburg
   DIR Religionsfreiheit
   DIR Islam
   DIR Hamburg
   DIR Religionsfreiheit
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Kopftuch
   DIR Kopftuch
   DIR Kopftuchverbot
   DIR Kopftuch
   DIR Religionsfreiheit
   DIR Kopftuchverbot
   DIR Kopftuch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Verstoß gegen „Neutralität“: Kita will Kopftuch verbannen
       
       Eine Hamburger Kita will eine zum Islam konvertierte Erzieherin loswerden.
       Ihr Kopftuch verstoße gegen die neue „Neutralitätsanordnung“.
       
   DIR Kolumne Fremd und befremdlich: Der Druck steigt
       
       Religion darf nicht als Grund genommen werden, andere zu unterdrücken. Das
       gilt für den Islam ebenso wie für das Christentum.
       
   DIR Kommentar Kopftuchverbot an Schulen: Gefährliche Symbolpolitik
       
       Die Hamburger CDU zielt mit ihrer Forderung, jungen Schülerinnen das Tragen
       eines Kopftuchs zu verbieten, lediglich auf das eigene Lager – und auf die
       Stammtische.
       
   DIR Kommentar Kopftuchdebatte: Mit Kopftuch und High Heels
       
       Wer Kritik am Kopftuch formuliert, wird schnell der Beförderung
       rassistischer Stereotype bezichtigt. Rational nachvollziehbar ist das
       nicht.
       
   DIR Debatte Kopftuchzwang für Mädchen: Ein Verbot verschleiert nur Probleme
       
       Wer muslimischen Mädchen helfen will, die in einer toxischen Umgebung
       aufwachsen, wird mit einem Kopftuchverbot nichts bewirken.
       
   DIR Frauenrechtlerin über das Kopftuch: „Die Mädchen wollen das nicht“
       
       Der Staat sollte das Kopftuch für Grundschulkinder verbieten, sagt die
       Autorin Sonja Fatma Bläser. Es entrechte sie und entfremde sie von den
       Mitschülern.
       
   DIR Kommentar Kopftuchverbot für Mädchen: Mädchen stark machen
       
       Statt einem Verbot: Mehr Förderung für Mädchen, die zu Hause gegängelt
       werden. Das wäre die angemessene Antwort auf das Kopftuchproblem.
       
   DIR Kommentar Kopftuchverbot in Kitas: Ein Zeichen gegen das Mittelalter
       
       Das Kopftuch hat in unseren Kitas und Schulen rein gar nichts zu suchen. Es
       degradiert auch sehr junge Frauen bereits zu Sexualobjekten.
       
   DIR Widerspruch gegen Kopftuchverbot: Ein Verbot wäre diskriminierend
       
       Soll der Staat jungen Mädchen das Tragen von Kopftüchern verbieten? Die
       Bundesregierung reagiert skeptisch auf einen NRW-Vorstoß.
       
   DIR Debatte in NRW um Kopftuchverbot: Auch FDP-Chef Lindner für Verbot
       
       Aus den Reihen der FDP mehren sich die Stimmen, die Musliminnen unter 14
       Jahren das Tragen eines Kopftuchs untersagen wollen. Der Islamrat
       kritisiert das scharf.
       
   DIR FPÖ will Kopftuchverbot verschärfen: Kein Hijab im Kindergarten
       
       Österreichs Vizekanzler Strache (FPÖ) will ein Kopftuchverbot in
       Kindergärten und Volksschulen. Juristisch ist das umstritten.