URI: 
       # taz.de -- Kürzungen bei Deutschlandradio: „Kommunikations-GAU“ im Funkhaus
       
       > Im Budget des Deutschlandradios sind Finanzlöcher aufgetaucht. Jetzt soll
       > gespart werden – bei den Angestellten und im Programm.
       
   IMG Bild: Düstere Aussichten im Rias-Haus des Deutschlandradios in Berlin
       
       BERLIN taz | „Die Stimmung im Haus ist schlecht, so schlecht wie nie“,
       steht in der gemeinsamen Erklärung des Redakteursausschusses und des
       Personalrats von Deutschlandfunk Kultur. Der Grund: Die Senderspitze muss
       sparen, mal wieder und mehr als bisher gedacht. Sie tut dies, so sehen es
       die Angestellten, vor allem auf dem Rücken der freien MitarbeiterInnen im
       Berliner Funkhaus, wo die Kulturwelle des Deutschlandradios sitzt. Das
       Programm wird teilweise umgebaut, frei werdende Stellen werden nicht
       nachbesetzt, beliebte Sendungen stehen zur Debatte.
       
       Dass die Öffentlich-Rechtlichen sparen müssen, ist nicht neu. Das Ausmaß
       allerdings hat viele in den Funkhäusern in Berlin und Köln überrascht: Es
       seien, so hatte es der Verwaltungsdirektor Rainer Kampmann in der
       vergangenen Woche vor der Kölner Belegschaft berichtet, Finanzlöcher
       aufgetaucht. Die kämen daher, dass die Kommission, die den Finanzbedarf der
       Öffentlich-Rechtlichen überprüft (KEF), neue Regeln aufgestellt habe, wie
       die Sender ihre Gelder verwenden dürfen. Das habe dazu geführt, dass bei
       den Personalkosten des Deutschlandradios rund eine Million Euro fehlten –
       bei einem Jahresbudget von 60 Millionen Euro für die festen Mitarbeiter.
       Nach Abzug von Sondereffekten bliebe ein Loch von 500.000 Euro, die nun
       eingespart werden müssten.
       
       Das wird man auch im Programm hören: Die Kindersendung „Kakadu“ sowie die
       Kindernachrichten werden werktags eingestellt, genauso die abendliche
       Kultur- und Politiksendung „Studio 9“. Ersetzt werden sie zum Teil durch
       Musiksendungen, eventuell werde es einen Familienpodcast geben. Ab Sommer
       kommenden Jahres sollen die Nachrichten nicht mehr durch O-Töne ergänzt
       werden, was bisher ein Markenzeichen der Deutschlandradio-Nachrichten war.
       Das spart Personal. Weitere Sendungen würden „in den Blick genommen“, heißt
       es in einem internen Papier, das unter anderem der Programmdirektor des
       Deutschlandradios, Andreas-Peter Weber, an die Mitarbeitenden verschickt
       hat.
       
       Gegenüber der taz verteidigt Weber die Reform: „Ein Radioprogramm ist
       nichts Statisches“, schreibt sein Sprecher per Mail. Da die Hörerzahlen von
       Deutschlandfunk Kultur rückläufig seien, prüfe man derzeit, „wie die
       Profilierung als zeitgemäßes Kulturradio mit bundesweitem Anspruch
       vorangetrieben werden kann. „Das Feuilleton im Radio“ soll sich noch besser
       an seinem Markenkern orientieren: niveauvoll, aber nicht elitär; neugierig,
       weltoffen und vertiefend.“
       
       ## „Formaler Fehler“
       
       Vor vier und vor zwei Jahren hatte die Senderspitze bereits
       Programmreformen angestoßen: Zwei der drei Sender, die zur DRadiogruppe
       gehören, wurden umbenannt, Sendungen verändert, Sendeplätze neu vergeben.
       Das hat dazu geführt, dass vor allem im Berliner Funkhaus die Stimmung
       schlecht ist. Als die Senderchefs nun RedakteurInnen über die neue Reform
       informieren wollten, verwehrten die Chefs dem Personalrat und dem
       Redakteursausschuss den Zutritt zu der Versammlung – „ein
       Kommunikations-GAU“ und „klarer Verstoß gegen das
       Bundespersonalvertretungsgesetz“, schreiben die Angestellten in ihrer
       Stellungnahme.
       
       Programmdirektor Weber gesteht gegenüber der taz ein, dass den
       Senderverantwortlichen „ein formaler Fehler unterlaufen“ sei, für den man
       sich mittlerweile entschuldigt habe. Dennoch: „Das Vertrauen der meisten
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Programm-Verantwortlichen ist
       gestört und zum Teil sogar zerrüttet“, haben Redakteursausschuss und
       Personalrat gemeinsam erklärt. Die Programmreformen hätten nicht
       funktioniert, man habe heute eine angespannte Finanzlage und weniger Hörer
       als je zuvor. Das stimmt: Laut der aktuellsten Mediaanalyse hat
       Deutschlandfunk Kultur rund 420.000 tägliche Hörer bundesweit, das ist
       weniger als vorher. Die Verantwortung für dieses Scheitern sehen die
       Berliner Mitarbeiter beim Programmdirektor Weber.
       
       Die Mitarbeiter des Senders fürchten, dass, wenn weiter Personal gespart
       würde, auch die Qualität des Programms leiden wird und damit die
       Hörerzahlen noch weiter sinken. Auf der Mitarbeitendenversammlung de
       vergangene Woche in Köln betonte die Senderspitze allerdings, dass an allen
       drei Programmen festgehalten werden soll. Um den Stellenabbau komme man
       allerdings nicht herum, „die Zukunftsfähigkeit und Unabhängigkeit dieses
       Hauses hängen davon ab“, steht im Protokoll der Versammlung. Am Donnerstag
       soll es im Berliner Funkhaus eine Mitarbeiterversammlung mit dem
       Intendanten geben. Davon erhoffen sich alle Seiten mehr Klarheit und
       Beruhigung.
       
       26 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
       ## TAGS
       
   DIR Deutschlandradio
   DIR Öffentlich-Rechtliche
   DIR Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
   DIR Rundfunkbeitrag
   DIR Öffentlich-Rechtliche
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Klagen gegen Rundfunkbeitrag: Es geht ums Geld
       
       In Karlsruhe wird über den Rundfunkbeitrag verhandelt. Die Richter haben
       vier Kläger aus einer Vielzahl von Verfassungsbeschwerden ausgewählt.
       
   DIR Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen: Rundfunkbeitrag vor Gericht
       
       Karlsruhe verhandelt das Thema Rundfunkgebühren. Kritiker sollten sich aber
       keine zu großen Hoffnungen auf eine Abschaffung machen.
       
   DIR Pro und Contra Rundfunkgebühr: Ist die neue Medien-Flatrate sinnvoll?
       
       Ab 2013 müssen alle Haushalte eine pauschale Medien-Abgabe zahlen. Eine
       sinnvolle Entscheidung, meint Paul Wrusch. Gegen die neue Pauschal-Gebühr
       ist dagegen Jürn Kruse.