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       # taz.de -- Verantwortlichkeiten in der Bamf-Affäre: Die Qualität blieb auf der Strecke
       
       > Der Innenausschuss befragt die Ex-Innenminister Friedrich und de Maiziére
       > zur Bamf-Affäre. De Maizière übernimmt die politische Verantwortung.
       
   IMG Bild: Standen Rede und Antwort: Peter Altmaier, Thomas de Maizière und Hans-Peter Friedrich
       
       Berlin taz | Der CSU-Abgeordnete und ehemalige Bundesinnenminister
       Hans-Peter Friedrich nutzte die Sondersitzung des Innenausschusses, um
       [1][Stimmung gegen die Kanzlerin] zu machen – und für [2][seinen
       Parteifreund] Bundesinneminister Horst Seehofer. Es sei zu seiner Amtszeit
       völlig außerhalb seiner Vorstellungskraft gewesen, „dass eine
       Bundesregierung unter Außer-Acht-Lassung aller deutschen und europäischen
       Gesetze das Land mit hundertausenden Flüchtlingen fluten würde“, keilte
       Friedrich vor Beginn der Sitzung vor Journalisten.
       
       Jetzt müsse man dafür sorgen, dass das nicht noch einmal passiere. Dazu
       würde Seehofers so genannter Masterplan beitragen. Der bringt gerade die
       Union [3][an den Rand der Spaltung]. Der schöne Nebeneffekt von Friedrichs
       Einlassungen für ihn selbst: Wenn die Entwicklung bis zum Ende seiner
       Amtszeit 2013 nicht absehbar war, trifft ihn auch keine Schuld an den
       Misständen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
       
       Das aber sieht ein Teil der Innenpolitiker deutlich anders. Friedrich habe
       den ehemaligen Bamf-Chef Manfred Schmidt im Regen stehen lassen,
       kritisierte Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion
       am Rande der Sitzung. Schmidt habe in der vergangen Woche im Innenausschuss
       ausgeführt, dass er schon damals von steigenden Flüchtlingszahlen
       ausgegangen sei und mehr Personal gefordert habe. Friedrich habe mitteilen
       lassen, dass er keine schlechten Nachrichten aus dem Bamf mehr hören wolle.
       Der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz sieht das ähnlich wie Jelpke.
       Damals wie heute stelle die CSU ideologische Vorbehalte vor politische
       Inhalte und konkrete Umsetzung, sagte er.
       
       ## Eigentlich geht es um strukturelle Probleme der Behörde
       
       Der Innenausschuss kam am Freitagmittag zu seiner dritten Sondersitzung
       zusammen, um die so [4][genannte Bamf-Affäre] aufzuklären. Nachdem in der
       vergangenen Woche Amtschefin Jutta Cordt und ihre beiden Vorgänger befragt
       wurden, mussten am Freitag Friedrich, Ex-Innenminister Thomas de Maizière
       (CDU) und der ehemalige Kanzleramtschef und Flüchtlingskoordinator der
       Bundesregierung, Peter Altmaier, den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.
       Warum sie, trotz offensichtlicher Missstände beim Bamf, nicht eingegriffen
       hätten, wollten die Abgeordneten wissen. Ob ihnen das Ausmaß der Probleme
       nicht bekannt gewesen sei. Und ob unklare Zuständigkeiten zwischen de
       Maizière und Altmaier, den Merkel zum Flüchtlingskoordninator ernannte und
       dem Innenminister vor die Nase setze, dazu beigetragen habe, „dass die
       Dinge außer Kontrolle gerieten“, wie FDP-Fraktionsvize Stefan Thomae es
       nannte.
       
       Auslöser der Sondersitzungen waren Unregelmäßigkeiten in der Bremer
       Außenstelle des Bamf, wegen denen die Staatsanwaltschaft ermittelt.
       Politisch aber geht es inzwischen um strukturelle Probleme der ganzen
       Behörde – und wer dafür verantwortlich ist.
       
       De Maizière gab an, mit den mutmaßlichen Missständen bei der Bremer
       Außenstelle nicht befasst gewesen zu sein. Für Vorgänge, die während seiner
       Amtszeit in seinem Geschäftsbereich stattgefunden haben, übernehme er aber
       die volle Verantwortung. „Zugleich weise ich darauf hin, dass wir alle eine
       gesellschaftliche Verantwortung haben und hatten“, sagte de Maizière. Alle
       hätten gewusst, „wie schwer es beim Bamf war und alle wollten schnelle,
       schnelle, schnelle Entscheidungen. Dass das Probleme macht, war auch damals
       allen klar. Das sollte heute nicht vergessen werden.“
       
       Auch de Maizière werfen Grüne, Linksfraktion und auch die SPD vor, sich
       viel zu spät um die steigenden Flüchtlingszahlen und eine personelle
       Aufstockung das Bamfs gekümmert zu haben. So sei die Behörde völlig
       unvorbereitet mit der großen Anzahl Geflüchteter im Herbst 2015
       konfrontiert gewesen. Erst als Schmidt hinwarf und Fank-Jürgen Weise im
       September 2015 die Leitung des Amtes übernahm, habe es deutlich mehr
       Ressourcen gegeben. Weise schickte Unternehmensberater durch das Bamf und
       trimmte es auf Schnelligkeit. Der Gesamtpersonalrat krisierte bald, im Bamf
       bleibe die Qualität auf der Strecke – auch mit Auswirkungen für die
       öffentliche Sicherheit.
       
       ## Wenig auf Qualität geachtet
       
       Eine Weisung „Quantität vor Qualität“ habe es nach Aussagen de Maizierés
       nicht gegeben, sagte von Notz. Durchaus aber die Ansage, dass die
       Fallzahlen deutlich zu erhöhen seien. In der Rückschau habe man, so soll de
       Maizière eingeräumt haben, beim Controlling zu wenig auf Qualität geachtet.
       
       Es gehe in erster Linie nicht um Versäumnisse einzelner Personen, betonte
       der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Mathias Middelberg.
       Während sein Parteifreund Armin Schuster betonte, keine Frage bleibe von
       den drei Gästen unbeantwortet, schränkte von Notz dies ein: Friedrich gebe
       manchmal an, er könne sich nicht erinnern.
       
       Am Nachmittag wurde die Sitzung unterbrochen, weil der Bundestag auf Antrag
       der FDP eine Aktuelle Stunde zu Seehofers sogenanntem Masterplan Migration
       und [5][dem Streit in der Union] angesetzt hatte. Danach ging es weiter –
       mit offenem Ende.
       
       15 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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