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       # taz.de -- Homophobie und Fußball: Erst Roter Platz, dann rote Rosen
       
       > Der Brite Peter Tatchell protestierte in Moskau gegen die Verfolgung von
       > LGBTI in Tschetschenien. Und wurde in Gewahrsam genommen.
       
   IMG Bild: Peter Tatchell in der Nähe des Roten Platzes
       
       Der britische LGBTI-Aktivist Peter Tatchell (66) wurde am Donnerstag kurz
       vor Beginn der WM auf dem Roten Platz in Moskau festgenommen. Zuvor hatte
       er ein Plakat mit der Aufschrift „Putin fails to act against Chechnya
       torture of gay people“ (Putin versäumt es, gegen die Folter homosexueller
       Menschen in Tschetschenien vorzugehen) hochgehalten und damit einige
       mediale Aufmerksamkeit erregen können, bevor der von mehreren russischen
       Polizeibeamten zu einen Wagen geleitetet worden war, der ihn zu einem
       Polizeirevier brachte.
       
       Bereits nach einer Stunde war Tatchell, der sich schon zuvor tatkräftig für
       die Rechte von LGBTI in Russland eingesetzt hatte, wieder auf freiem Fuß,
       muss sich aber am 26. Juni vor Gericht verantworten. Zwar dürfen einzelne
       Personen in Russland genehmigungsfrei demonstrieren, das Recht wurde
       allerdings anlässlich der WM eingeschränkt.
       
       Hintergrund der Aktion: Im Frühjahr 2017 hatte die Nowaja Gaseta über die
       reihenweise Verschleppung und Misshandlung von Homosexuellen in
       Tschetschenien berichtet. Ramsan Kadyrow, Machthaber der autonomen
       Teilrepublik hatte darauf hin verkündet, dass es in dem muslimisch
       geprägten Land gar keine Homosexuellen gäbe – und falls doch würden sie von
       ihren Familien ohnehin zu einem Platz geschickt, von dem es keine
       Wiederkehr gäbe.
       
       Wladimir Putin wiederum hält seine schützende Hand über Kadyrow. In Putins
       Russland selbst ist Homosexualität zwar nicht offiziell verboten, seit 2013
       aber gilt dort ein Gesetz, das die „Propagierung“ homosexueller Beziehungen
       gegenüber Minderjährigen unter Strafe stellt und faktisch das Eintreten für
       die Rechte Homosexueller verbietet.
       
       Sich offen gegen Homosexualität zu positionieren gehört in Putins Russland
       längst zum guten nationalistischen Ton und gilt, unterstützt von der
       russisch-orthodoxen Kirche, vielen als identitätstiftend. Man grenzt sich
       ab zu „Gayeurope“.
       
       Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen in Sotschi wurde die mitunter
       mörderische Homophobie in Russland im Vorfeld der WM nicht besonders stark
       thematisiert. Russische Behörden hatten versichert, dass lesbische und
       schwule Fans sich im WM-Umfeld sicher fühlen können. Trotzdem soll es schon
       jetzt zu einzelnen Übergriffen auf homosexuelle Besucher gekommen, für
       Aufsehen sorgte auch ein Schild an einer Bäckerei in Rostow: „Faggots not
       allowed“ (Schwuchteln sind nicht willkommen).
       
       Peter Tatchell wurde derweil ein Strauß Rosen vom Russischen LGBTI-Network
       überreicht – zum Dank. Der Menschenrechtler (Outrage) bedankte sich via
       Twittter. Und verwies darauf, dass Aktivisten vor Ort weitaus größeren
       Risiken ausgesetzt seien, als er selbst.
       
       17 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reichert
       
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