# taz.de -- Kommentar Unionsstreit: Die erpressten Erpresser
> Will die CSU nicht untergehen, muss sie mit Merkel weiterverhandeln. Die
> Imitation der AfD-Slogans schwächt die Union und stärkt die Rechten.
IMG Bild: Ja, das tut weh: Will Seehofer nicht untergehen, muss er mit Merkel weiterverhandeln
Der Showdown naht. Wenn CSU-Innenminister Seehofer am Sonntag mit den
[1][Ergebnissen] unzufrieden ist, die Merkel aus Brüssel mitbringt, will er
die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze in die Wege leiten.
Explosion, Drama, Aus für die Große Koalition, Spaltung der Union, Ende der
letzten echten Volkspartei. Bislang schien die CSU Merkel mit dieser
Drohung vor sich herzutreiben. Sogar Teile der Union schienen auf den
CSU-Kurs zu schwenken.
Jetzt sieht die Sache etwas anders aus. Erpressungen sind nicht mehr so
furchterregend, [2][wenn sie den Untergang des Erpressers mit
einschließen]. Die meisten Umfragen legen nahe, dass die CSU zu den ersten
Opfern dieses Manövers zählen würde und eine Bayern-CDU erfolgreich wäre.
Söder und Dobrindt sind Populisten, skrupellos obendrein – aber nicht so
dumm, aus Trotz das Feuer zu legen, das sie selbst zerstört.
Daher spricht viel dafür, dass die CSU sich aus reinem Opportunismus die
Ergebnisse von Brüssel in ihrem Sinne hübsch reden wird. Merkel hat die
Skizze entworfen, die die CSU ausmalen darf: schwierige Verhandlungen mit
EU-Staaten um Rücknahmeabkommen. Wenn es einigermaßen machtrational zugeht
– und darauf verstehen sich die Konservativen besser als die Linken –, wird
alles glimpflich enden. Nämlich nicht mit Showdown, mit Entweder-oder,
sondern mit der üblichen bundesdeutschen Lösung: Sowohl-als-auch. Wir
verhandeln weiter. So gibt es, so oder so, bei der Union nur Verlierer. Die
AfD wird genüsslich fortan die donnernden Ankündigungen der Maulhelden
Söder und Seehofer zitieren. Das ist die miese Pointe dieses Spiels: Der
Versuch, mit Imitation ihrer Slogans die AfD zu schrumpfen, endet mit dem
Gegenteil.
Auch wenn der Showdown wohl ausfällt, bleibt der Boden fragil. Denn die
Lektion lautet nicht nur, dass die Kanzlerin cleverer und zäher ist, als
viele glauben. Sondern auch: Man hat ihre Schwäche gesehen. Man kann sie
mit Drohungen und Ultimaten unter Druck setzen. Es wird nicht das letzte
Mal gewesen sein.
29 Jun 2018
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