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       # taz.de -- Ferienjobs in Berlin: An die Arbeit, Kinder!
       
       > Am Donnerstag beginnen die Sommerferien. Viele Schüler verdienen sich mit
       > Ferienjobs Geld dazu; manche basteln so bereits an ihrer Karriere.
       
   IMG Bild: Manche Schüler haben in den Ferien mehr Zeit, Eis zu essen. Andere verkaufen es lieber
       
       Sechseinhalb Wochen Sommerferien können die große Freiheit sein – oder viel
       Arbeit. Nicht alle hüpfen ins Freibad oder hauen sich an den Badeseestrand:
       Viele Berliner Jugendliche gehen arbeiten. Wie viele nun tatsächlich
       Zeitungen austragen, im Callcenter sitzen oder Eis mit Streuseln verkaufen,
       wird allerdings nicht erfasst.
       
       Das bundesweite Onlineportal Schuelerjobs.de listet kurz vor Beginn der
       Sommerferien rund 120 offene Stellenanzeigen für die Hauptstadt. Das mutet
       nicht sonderlich viel an, angesichts von etwa 135.000 SchülerInnen an den
       weiterführenden Schulen, für die Ferienarbeit ja überhaupt erst ein Thema
       ist.
       
       Allerdings, sagt Anzeigenleiter Carsten Wiese, fänden viele Jugendliche
       auch in Zeiten des Internets ihre Jobs nach wie vor, indem sie einfach mal
       bei der Eisdiele nebenan nachfragen, ob die noch eine Aushilfe braucht.
       Gerade im Saisongeschäft laute die Antwort oft Ja, sagt Wiese.
       
       Einer der größeren Arbeitgeber in der Stadt sind die Berliner
       Niederlassungen des Autobauers Daimler. Im vergangenen Jahr gab es im Werk
       in Marienfelde sowie in der Firmenrepräsentanz am Salzufer in Mitte rund
       300 SchülerInnenjobs zu verteilen, berichtet Sprecher Oliver Wihofszki.
       Dieses Jahr seien es ähnlich viele.
       
       Ferien „beim Daimler“ – wie der Schwabe sagt – sind begehrt: Bundesweit
       bewarben sich im vergangenen Jahr rund 70.000 SchülerInnen auf die
       insgesamt etwa 18.000 Ferienjobs. Ein Argument für die Jugend dürfte sein,
       dass die Jobs dort richtig Kohle aufs Taschengeldkonto bringen: bis zu
       2.500 Euro brutto kann man hier in den Ferien verdienen, zum Beispiel beim
       Motorenschrauben oder beim Milchaufschäumen im Firmencafé.
       
       Zum anderen zahlt der Konzern natürlich noch mit einer anderen Währung: der
       Aussicht auf eine Karriere. Mit der Aussicht auf „erste berufliche
       Kontakte“ versucht man die Jugend zu überzeugen, die Ferien am Baggersee
       dranzugeben.
       
       Aber ist einfach mal Pause machen nicht auch wichtig? Klar, sagt Peter
       Walschburger, Entwicklungspsychologe an der Freien Universität. Doch der
       Faulheit pauschal das Wort reden möchte der Professor nicht: „Ich würde da
       nicht allzu schnell das Wort ‚Stress‘ in den Mund nehmen.“
       
       Schließlich gebe es ja auch positiven Stress: Immerhin sei die Jugendzeit
       auch die „Ablösezeit“ vom Elternhaus. „Verantwortung übernehmen, das erste
       Geld verdienen – das kann einem jungen Menschen schon einen enorm positiven
       Schubs geben“, sagt Walschburger. Und man solle auch bedenken: Für „etwas
       verwöhnte Jugendliche“ sei ein Job wie Zeitungenaustragen vielleicht auch
       mal ein „durchaus sinnvoller Perspektivwechsel“.
       
       ## Höchstens acht Stunden am Tag
       
       Wie lange SchülerInnen arbeiten dürfen, regelt das
       Jugendarbeitsschutzgesetz. Wer unter 15 Jahre alt ist, ist laut Gesetz zum
       Urlauben verdonnert. Danach sind höchstens acht Stunden Arbeitseinsatz pro
       Tag erlaubt. Die Pausenzeiten sind ebenfalls festgelegt: Eine halbe Stunde
       bei einer Arbeitszeit zwischen viereinhalb und sechs Stunden, darüber
       hinaus ist eine Stunde Pause vorgesehen.
       
       Das Gewerbeaufsichtsamt registriert etwaige Verstöße, die zum Beispiel vom
       Betriebsrat gemeldet werden können. 2016 – eine aktuellere Statistik hat
       das Amt nicht parat – zählte man 38 gemeldete Verstöße gegen das
       Jugendarbeitsschutzgesetz, teilt Sprecher Harald Henzel mit. Allerdings
       wird nicht differenziert, um welche Jobs es sich handelt. Meistens gehe es
       eher um Azubistellen in Betrieben, sagt Henzel. Stellt das Amt einen
       Verstoß fest, droht im schlimmsten Fall ein Bußgeldverwahren.
       
       Übrigens sichert der Ehrgeiz der Jugend vielen Eltern überhaupt erst den
       Sommerurlaub: „Die Ferienbeschäftigen unterstützen uns auch in diesem Jahr
       wieder tatkräftig in der Urlaubszeit und ermöglichen der Stammbelegschaft
       die wohlverdiente Erholungszeit“, heißt es in einer Pressemitteilung von
       Daimler.
       
       1 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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