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       # taz.de -- Vor dem Achtelfinale Uruguay – Portugal: Schön spielen sollen die anderen
       
       > Oscár Tabárez hat Uruguay in den Kreis der starken Teams zurückgeführt.
       > Vor dem Portugal-Spiel erklärt er die Kunst der Defensive.
       
   IMG Bild: „Wir müssen dem Gegner unseren Stil aufzwingen“ – Oscár Tabárez
       
       Moskau taz | Nicht mal der ganze Kopf ist zu sehen, wenn Uruguays Trainer
       Óscar Tabárez sich hinter den Tisch auf dem Podium im Pressekonferenzraum
       setzt. Ein kleines Männchen sitzt dann da. 71 Jahre alt ist Tabárez, und
       weil er an einer schweren Nervenkrankheit leidet, die Muskelschwäche
       verursacht, kann er sich kaum aufrecht halten.
       
       Ein schwacher Mensch ist er deshalb noch lange nicht. Jedes Wort sitzt,
       wenn Tabárez erklärt, warum seine Mannschaft so und nicht anders gespielt
       hat bis jetzt bei diesem Turnier. Der Trainer, der Uruguay zurückgeführt
       hat in der Kreis der ernst zu nehmenden Teams aus Südamerika, nachdem die
       Auswahl die Qualifikation für die WM 2006 verpasst hatte, ist ein Stratege.
       Kein Gegner kann damit rechnen, dass Uruguay so spielt wie im Spiel zuvor –
       auch gegen Portugal nicht, den Gegner im Achtelfinale am Samstag in
       Sotschi.
       
       Grausam ist Uruguay in dieses Turnier gestartet, mit zwei irrsinnig faden
       Partien [1][gegen Ägypten] [2][und Saudi-Arabien], die Tabárez’ Mannschaft
       jeweils mit 1:0 gewonnen hat. „Am Anfang geht es vor allem um Sicherheit“,
       hat er dazu gesagt. Und wer würde ihm an der Stelle schon widersprechen
       wollen.
       
       Uruguay hatte sich ins Achtelfinale gelangweilt und gewann dann kurzerhand
       gegen Gastgeber [3][Russland mit 3:0]. Auch dabei überzeugte vor allem die
       Verteidigung, die es schaffte, die langen Bälle der Russen so gut zu
       verteidigen, dass die heranrasenden Gegner meist ins Leere liefen. Nach
       diesen drei Spielen werden sich auch die Portugiesen fragen, ob es
       überhaupt möglich ist, gegen diese Abwehr ein Tor zu erzielen.
       
       Gewiss, da gibt es [4][diesen Cristiano Ronaldo]. „Er reitet auf einer
       Welle“, sagt Tabárez und spielt auf die vier Tore an, die der Stürmer in
       der Vorrunde erzielt hat. Mehr sagt er aber auch nicht. Dafür erläutert er
       seine Fußballphilosophie: „Der Heilige Gral des Fußballs ist Balance“,
       meinte er in Samara, nachdem sein Team den Russen keine Chance gelassen
       hatte.
       
       ## Hohe Kunst
       
       „Wenn wir angreifen wollen, müssen wir dazu erst einmal in der Lage sein.
       Das sind wir durch Ballbesitz, weil wir den Ball erobert haben oder in der
       Verteidigung gut gearbeitet haben. Das ist die Balance, an der wir die
       ganze Zeit arbeiten.“ Viel schöner kann vielleicht niemand über die hohe
       Kunst des Defensivfußballs philosophieren.
       
       Und so werden im Spiel gegen Portugal wahrscheinlich nicht die Superpromis
       der Mannschaft, die Stürmer Edinson Cavani und Luiz Suárez, die Hauptrollen
       übernehmen, sondern eher der Kapitän der Mannschaft, der Abwehrrecke Diego
       Godin. Die Stürmer, die da vorne eher gegeneinander zu spielen scheinen als
       miteinander, sind jeder für sich so gut, dass sie nach Ecken oder mal durch
       einen Freistoß ein Tor erzielen können.
       
       Spielentscheidend gegen Portugal wird aber eher der Auftritt des begnadeten
       Spielverhinderers Godin sein.
       
       ## Schlüsselspieler Godin
       
       Der 32-Jährige hat mit Atlético Madrid schon 27-mal gegen Ronaldos Real
       gespielt. 10-mal hat Atlético verloren, 9-mal Unentschieden gespielt und
       immerhin 8-mal gewonnen. In den letzten 20 Partien gegen Godin ist Ronaldo
       13-mal ohne Treffer geblieben. Oscár Tabárez weiß also, was er an seinem
       Kapitän hat. Der ist für ihn eh der unumstrittene Leader im Team – Suárez
       hin, Cavani her.
       
       „Godin war schon immer eine sehr klare Persönlichkeit“, hat der Trainer mal
       über seinen wichtigsten Spieler gesagt. „Er denkt solidarisch, das zeichnet
       ihn gegenüber den anderen aus, und es hat auch schon auf die anderen
       abgefärbt.“ Und dann kam wieder so ein ganz großer Satz: „In gewisser Weise
       steht es für das Beste, was eine Nation wie Uruguay zu bieten hat.“ Wow!
       
       Aber was heißt das für das Spiel gegen Portugal? Es könnte die große
       Fußballverhinderungsshow Uruguays werden. Tabárez sagt: „Wir müssen dem
       Gegner unseren Stil aufzwingen. So gewinnst du. Das ist es, was du bei
       einer Weltmeisterschaft tun musst.“ Ein schönes Spiel sollte man am Samstag
       zwischen den favorisierten Portugiesen und dem taktisch klugen Uruguay
       vielleicht nicht erwarten.
       
       30 Jun 2018
       
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   DIR Andreas Rüttenauer
       
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