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       # taz.de -- Kroatiens Triumph gegen Argentinien: „Wir waren exzellent“
       
       > Kroatien schlägt Argentinien 3:0 und ist plötzlich Titelkandidat. Ein
       > Ergebnis, das auch Trainer Zlatko Dalić zu verdanken ist.
       
   IMG Bild: Jubel nach dem gewonnenen Spiel: Domagoj Vida (li.) und Sime Vrsaljko aus Kroatien
       
       Er ist ein erstaunlicher Mann. Er könnte der Aufsteiger dieses Turniers
       werden. Als es nach dem wunderschönen Tor von Luka Modrić zum 2:0 auf der
       kroatischen Bank kein Halten mehr gab und alle zum Torschützen sprinteten,
       wandte sich Zlatko Dalić an den letzten Verbliebenen an seiner Seite,
       seinen Assistenten, um die taktischen Konsequenzen des Treffers zu
       erörtern. Während auch all die rot-weiß karierten Fans im Stadion von
       Nischni Nowgorod den vorentscheidenden Treffer in der 80. Minute zum Einzug
       ins Achtelfinale gegen Argentinien feierten, dachte Dalić lediglich an die
       verbleibenden paar Minuten.
       
       Bis vor wenigen Monaten kannte ihn kaum einer. In größter Not hatte ihn der
       kroatische Verband vor dem letzten WM-Qualifikationspiel zum
       Nationaltrainer berufen, weil das Team trotz Weltklassespieler Modrić, Ivan
       Rakitic und Ivan Perišić das Turnier in Russland zu verpassen drohte. Wie
       verzweifelt der Verband damals war, schien man an den Trainerstationen von
       Dalić ablesen zu können. Die sieben Jahre zuvor hatte er das Team aus Saudi
       Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gecoacht und nun sollte er
       diese großen Individualisten zu einem Team formen.
       
       Aber Anpassungsprobleme an die große Bühne hat der 51-Jährige nicht. Er ist
       ein kühler Genießer. Nach dem beeindruckenden 3:0-Erfolg gegen den
       zweifachen Weltmeister Argentinien entgegnete er einem der aufgelösten
       südamerikanischen Journalisten knapp: „Die Argentinier waren nicht konfus,
       wir waren exzellent.“ Dieses Selbstlob muss man ihm ausnahmsweise
       durchgehen lassen. Bislang hat man bei dieser WM noch kein Team gesehen,
       das individuelle Fähigkeiten mit einer kollektiven Idee so gut zu verbinden
       weiß.
       
       Verblüffend war diese perfekte Balance, mit der die kroatische Elf
       gemeinsam ins Risiko ging, um dann aber bei Ballverlust im Verbund sofort
       wieder umzuschalten. [1][Das schlagkräftige argentinische Team hatte
       mächtig Probleme], sich Chancen herauszuspielen.
       
       ## Mehr als Improvisation
       
       Bei der größten Chance, in der ersten Hälfte durch Maximiliano Meza, musste
       der Zufall mithelfen: der Ball fiel ihm vor die Füße, doch er traf das
       leere Tor nicht. Und Probleme hatten die Südamerikaner auch, mit dem
       vorzüglich flexiblen Positionsspiel der ballbesitzenden Kroaten im
       Mittelfeld zurechtzukommen. Perišić, Modrić, Rakitic und Rebić sind nur mit
       größtem Aufwand zu kontrollieren.
       
       Der Schlüssel für den Erfolg, erklärte Modrić nach der Partie, war die
       Isolation von Argentiniens Ausnahmespieler Lionel Messi. In der ansonsten
       von beiden Seiten sehr rustikal geführten Partie stand ihm zwar keiner auf
       den Füßen, aber er befand sich in einem unsichtbaren Gefängnis. Wohin er
       auch lief, die Passwege waren von den laufstarken Kroaten immer zugestellt.
       
       Um es kurz zu fassen: Während dieses begabte Team sich in den vergangen
       Jahren als Improvisationsgruppe einen Namen machte – man wusste nie, was
       einen erwartet – ist dieses Mal in Russland ein stabiles System zu
       erkennen. Und das Glück kam begünstigend hinzu.
       
       „Der Torwartfehler bei unserem ersten Treffer hat uns natürlich geholfen“,
       räumte Modrić ein. Argentiniens Torhüter Wilfredo Caballero, beim FC
       Chelsea nur Ersatz, unterlief ein schwerer Patzer. Statt den Ball über Ante
       Rebić zu lupfen, servierte er ihm diesen auf den Fuß. Bis dahin war die
       Partie trotz der reiferen Spielanlage der Kroaten noch recht ausgeglichen.
       Aber auch diesen Fehler hatten die Kroaten mit ihrem in der zweiten
       Halbzeit noch höheren Pressing erzwungen.
       
       ## Zeit für Historisches
       
       Daran ließ natürlich auch Dalić keinen Zweifel aufkommen: „Wir haben das
       Tor verdient. Es war unsere vierte Chance. Wir haben alles verdient, was
       wir in diesem Spiel erreicht haben.“ An die Qualifikation fürs
       Achtelfinale, bemerkte der Trainer, habe er sowieso schon immer geglaubt,
       er habe Vertrauen zu seinem Team. Dass man dieses Ziel nun schon nach zwei
       Begegnungen erreicht habe, damit habe er aber nicht gerechnet.
       
       Natürlich wurde an diesem Abend wieder einmal das kroatische WM-Team von
       1998 ins Spiel gebracht, das damals bis ins Halbfinale stürmte. An dieser
       Mannschaft müssen sich seither in Kroatien alle Nachfolgeteams messen
       lassen. Ist es wieder soweit? Ist da ein Team zusammengewachsen, das
       Ähnliches erreichen kann?
       
       Luka Modrić wiegelte ab. „Es ist klar, dass dieser Sieg unser
       Selbstvertrauen in die Höhe treiben wird, aber lasst uns mit den Füßen auf
       dem Boden bleiben.“ Beim letzten Gruppenspiel gegen Nigeria kann Trainer
       Dalić ein paar Kräfte schonen. Auch das wird in Kroatien gewiss den Traum
       beflügeln, dass in Russland Historisches erreicht werden kann.
       
       22 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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