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       # taz.de -- Kommentar Seenotrettung im Mittelmeer: Wegschauen ist erbärmlich
       
       > Nicht Hunderte, sondern Tausende haben gegen die Abschottung Europas und
       > für die Seenotretter demonstriert. Das macht Mut.
       
   IMG Bild: Werden die Rettungswesten nicht im Mittelmeer gebraucht? Schon – das ist ja das Problem
       
       Mehrere hundert Rettungswesten ragten am [1][Samstag hoch über die Menge],
       die gegen das Sterben im Mittelmeer durch die deutsche Hauptstadt zog.
       Rettungswesten aus der Ausrüstung jener Schiffe, mit denen NGOs in eben
       diesem Meer Menschen vor dem Ertrinken retten wollen. Was machen diese
       Westen in Berlin – werden sie nicht dringend gebraucht?
       
       Nein, werden sie nicht. Und das ist das Problem.
       
       Ein Schiff, das im Hafen liegt, braucht keine Rettungswesten. Und genau da,
       auf dem Trockenen, liegen Schiffe wie die „Sea Watch 3“, die „Lifeline“,
       die „Seefuchs“ und die „Iuventa“ momentan – ausgebremst von den Behörden,
       teils kriminalisiert. Und gleichzeitig sterben Hunderte Menschen im
       Mittelmeer.
       
       Schon lange wird rund um geflüchtete Menschen und Migration auf einer Ebene
       diskutiert, die mit der Realität kaum noch Berührungspunkte hat. Es werden
       Horrorszenarien gemalt, die jeglicher Grundlage entbehren; etwa, wenn es um
       die prognostizierten [2][Flüchtlingszahlen] geht. Wie weit Diskussion und
       Realität sich auseinanderbewegt haben, das wird dieser Tage aber mit einer
       Brutalität deutlich, die sich einfach nicht mehr ignorieren lässt.
       
       Die „Festung Europa“ und das Sterben im Mittelmeer sind nicht neu. Doch nun
       werden die Mauern dieser Festung verstärkt, indem selbst die ohnehin schon
       zivilen Organisationen überlassene Seenotrettung verhindert wird.
       
       Schaut man sich die Großdemonstrationen der vergangenen Jahre an, richteten
       diese sich gegen: TTIP, hohe Mieten, die AfD. Der Protest gegen ein
       todbringendes Grenzregime war nicht dabei. Es brauchte offenbar die
       aktuelle Extremsituation, um am Samstag Tausende Menschen auf die Straße zu
       bringen.
       
       Denn während in Europa Abschottung praktiziert wird, um einen nach rechts
       gerückten Diskurs zu bedienen, während abstrakt über die „Begrenzung von
       Migration“ gesprochen wird und man sich streitet, ob es nun „Transit-“ oder
       „Transferzentren“ heißen soll, während Schiffe nicht auslaufen dürfen, weil
       sie nicht richtig registriert sein sollen, steigt die Zahl der Toten.
       
       629 Menschen ertranken [3][der Internationalen Organisation für Migration
       zufolge] allein im Juni 2018. Das sind ungefähr so viele, wie in den ersten
       fünf Monaten des Jahres zusammen. Und etwa [4][13-mal so viele] wie im
       Vormonat Mai.
       
       700 Demonstrant*innen waren für den Samstag angemeldet. Gekommen sind viele
       Tausend. Das macht Mut. Bleibt zu hoffen, dass diese Menschen über den
       Samstag hinaus ihre Stimme erheben und eine andere Politik einfordern. Denn
       wegzusehen, während Menschen sterben, ist erbärmlich. Hinzusehen und sie
       trotzdem sterben zu lassen aber ist schlicht grausam.
       
       8 Jul 2018
       
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