# taz.de -- Marode belgische Atomkraftwerke: Trotz Risse dürfen sie weiterstrahlen
> Die deutsche Reaktor-Sicherheitskommission hat keine Einwände gegen den
> Weiterbetrieb von Tihange 2 und Doel 3. Ein breites Bündnis sieht das
> anders.
IMG Bild: Laut Kommission nehmen die Risse nicht signifikant zu, auch bei Störfällen seien sie kein Extra-Risiko
Die nach zahlreichen Störfällen, vor allem aber wegen Tausender Risse an
den Reaktordruckbehältern stark umstrittenen [1][belgischen Atomkraftwerke
Tihange 2 und Doel 3] können nach Ansicht der deutschen
Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) auch künftig sicher betrieben werden.
Es sei hinreichend erwiesen, dass die Risse in den Schmiederingen der
Druckbehälter schon während der Herstellung entstanden seien, heißt es in
einem Gutachten der RSK. Anzahl und Größe der Risse nähmen nicht
signifikant zu und stellten auch bei Störfällen kein zusätzliches Risiko
dar. Warum Komponenten mit so vielen Rissen überhaupt verbaut wurden,
bleibt in der Stellungnahme unklar. Die RSK berät das
Bundesumweltministerium in Fragen der Sicherheit von AKWs und der
Atommüllentsorgung.
Die Risse von bis zu 17 Zentimetern an den Blöcken Tihange 2 und Doel 3
wurden bei Ultraschalluntersuchungen entdeckt. Infolge von Bränden und
Ausfällen von Kühlwasserpumpen mussten die Reaktoren in der Vergangenheit
mehrfach notabgeschaltet werden. Zudem ist in beiden Kraftwerken die
Lagerkapazität für radioaktiven Müll so gut wie erschöpft.
Für die umgehende Abschaltung der beiden AKWs macht sich auf deutscher
Seite ein breites Bündnis aus Bürgerinitiativen, Kommunen und Politik
stark. Zu den Unterstützern zählt auch Nordrhein-Westfalens
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Auch Ex-Bundesumweltministerin
Barbara Hendricks (SPD) hatte eine Abschaltung von Tihange 2 und Doel 3
gefordert. Belgien stimmte aber nur einem Austausch von deutschen und
einheimischen Experten zu. Ergebnis davon ist die RSK-Stellungnahme.
## „Kein Anlass zur Entwarnung bei genauer Lektüre“
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hält die offenen
Sicherheitsfragen nun für „weitgehend geklärt“. Sie will gleichwohl „nicht
nachlassen, für den Atomausstieg in unseren Nachbarländern zu werben“.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) nennt den RSK-Bericht „erst
einmal eine beruhigende Nachricht“. Trotzdem bleibe das Land dabei, dass
die beiden Reaktoren „baldmöglichst“ abgeschaltet werden sollten.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer kritisiert mit Blick auf
die Risse, die RSK habe auf Fragen zu den Messmethoden bisher keine Antwort
geliefert. Die Stellungnahme gebe „bei genauer Lektüre keinen Anlass zur
Entwarnung“. Aus Sicht der regionalen Anti-Atom-Initiativen kann ein
Druckbehälter mit Rissen nicht die gleiche Widerstandskraft ausweisen wie
ein unversehrter. In Extremsituationen bedeute dies den „Unterschied
zwischen Beherrschen und Bersten“.
Belgien will bis zum Jahr 2025 aus der Atomenergie aussteigen. Tihange 2
wird demnach im Jahr 2023, Doel 3 im Jahr 2022 abgeschaltet. Bis dahin
laufen die beiden AKW-Blöcke weiter – auch dank deutscher Hilfe: Sie werden
von der Urananreicherungsanlage Gronau und der Brennelementeschmiede in
Lingen beliefert.
10 Jul 2018
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## AUTOREN
DIR Reimar Paul
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