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       # taz.de -- Kommentar Mindestlohn: Es ist mehr drin
       
       > Auch ein Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde wäre plausibel. Allein
       > schon deshalb, weil er der Binnennachfrage zugutekommt.
       
   IMG Bild: Der Mindestlohn ist eine haarige Angelegenheit – die wenigsten können davon leben
       
       Mehr als gedacht ist für die Beschäftigten bei der Entscheidung der
       Mindestlohn-Kommission herausgekommen. Die Erhöhung um 51 Cent pro Stunde
       auf 9,35 Euro Anfang 2020 ist nicht schlecht. Die Wirtschaftsverbände
       konnten sich diesem Anliegen der Gewerkschaften nicht verweigern. Aber: Es
       wäre durchaus mehr drin gewesen.
       
       Auch ein Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde ist plausibel zu begründen.
       Denn Leute, die heute um die neun Euro verdienen, sind arm, obwohl sie
       Vollzeit arbeiten. Manche erhalten aufstockende Sozialleistungen. Der Staat
       springt ein, weil die Unternehmen zu wenig zahlen. Hier könnte mehr Druck
       nicht schaden, um das untere Lohnniveau anzuheben. Mindestschutz für die
       Beschäftigten zu gewährleisten, ist eine Aufgabe der Kommission. Selbst
       Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) argumentierte kürzlich, niemand
       solle weniger als zwölf Euro verdienen.
       
       Hinzu kommt die internationale Lage: In der Auseinandersetzung mit der
       US-Regierung muss sich die Bundesregierung ständig für den hohen
       Handelsüberschuss im Export rechtfertigen. Dieser hat auch damit zu tun,
       dass die Nachfrage im Inland und damit die Importe niedriger liegen als
       möglich wäre. Bessere Löhne tragen dazu bei, diesen Missstand zu mildern.
       Wer keine Lust auf Protektionismus, Handelsstreits und Zollerhöhungen hat,
       muss diesen Gedanken einfach einmal wirken lassen. Das gilt auch für die
       Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Doch die trat
       auf die Bremse. Ihr Argument, ebenfalls nicht von der Hand zu weisen:
       Besonders in Ostdeutschland können sich Restaurants, Gemüsebauern oder
       Einzelhändler starke Lohnsprünge nicht leisten.
       
       Trotz ihrer gegenteiligen Interessen haben sich die Kontrahenten aber nicht
       zerstritten. Die Kommission steht in der Tradition der bundesdeutschen
       Tarifpartnerschaft. Es herrscht eine Art Pflicht zur Einigung. So ist es
       kein Wunder, dass beide Seiten einen Mittelweg finden. Wie langweilig, aber
       auch beruhigend. Abseits des Irrsinns von Rechtspopulismus und
       Regierungsexplosion funktionieren große Teile unseres Staates einfach
       weiter, orientiert am Gemeinwohl.
       
       27 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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